Das 365 Tage-Lieblingshotel
Tür aufmachen, Koffer abstellen und raus aus den Schuhen. Nach den ersten Schritten, in denen die Fußsohlen Kontakt mit dem seidig schimmernden Holzboden aufnehmen, ist es um das eingeübte Erwachsenenverhalten geschehen. Man möchte sich gleich auf den Boden legen und das Holz auf der Wange spüren, so glatt und lebendig fühlt er sich an.
Begonnen hat es in den 1970er Jahren mit dem Traum zweier Quereinsteiger:innen. Sophie und Gottfried Herzog aus Leogang wollten schon immer „ein volles Haus“ und Gäste bewirten, wie sie selbst sagen. Gesagt, getan. „1977 haben dann meine Eltern das „Rupertus“ eröffnet“, erzählt Tochter Nadja Blumenkamp. „Und 2012 habe ich, gemeinsam mit meinem Mann Olaf, den Betrieb übernommen.“ Schon in den ersten Jahren des Familienbetriebs wird ein Gedanke zum Leitstern: das 100prozentige Ja zu Bio. „Die Lebensmittelskandale haben hier eine entscheidende Rolle gespielt“. Seit 2005 ist man bio – in allen Facetten – nicht nur in Form von regionalen Käsespezialitäten, Gemüsevielfalt oder frischgebackenem Brot. Es entfaltet in jedem Detail seine besondere Schönheit.
Bio und nachhaltig – als Genuss für die Sinne
„Für die Böden, für die Handwerksarbeiten haben wir uns in der Umgebung umgesehen, wir haben ja viele hochwertige Betriebe in der Region. Die Highlights für unser Hotel fanden wir in ganz Europa“, erzählt Nadja Blumenkamp und streicht über den feingemusterten Jacquardstoff von Leitner Leinen aus dem Mühlviertel, den man nicht nur als Vorhang oder Wandbespannung, sondern als optisches Highlight als Kissen auf dem italienischen Samtsofa findet.
Aufstehen am Morgen? Der einzige Grund, der uns aus den Vollholzbetten treibt, ist der elegante Pool, den wir bei einer ersten Besichtigungstour am Vortag entdeckt haben. Aufstehen, in den Badeanzug schlüpfen, den flauschigen Bademantel überwerfen und noch vor dem Frühstück die ersten Längen schwimmen. Es ist noch niemand hier, alleine das sanfte Plätschern des Wassers ist zu hören. Wir schwimmen ins Freie, die Leoganger Berge vor unseren Augen. Die Lufttemperatur ist noch frisch – doch das Kaltwasserbecken muss man trotzdem probieren! Danach auf den eleganten Ruhebetten in den Genuss-Modus schalten, etwas lesen oder einfach die Augen schließen und träumen. Spa-Feeling deluxe.
Irgendwann meldet sich der Hunger und treibt uns zum reichhaltigen Frühstücksbuffet. Eigentümerin Nadja Blumenkamp mischt sich unter die Frühstücksgäste und wirft ein prüfendes Auge auf die angerichteten Speisen. Sie setzt sich zu uns. Den blumigen Namen hat sie ihrem Ehemann zu verdanken, Olaf Blumenkamp aus Düsseldorf. Er hat damals – „als er die Nadja kennengelernt hat“ – seinen Urlaub in Leogang auf unbestimmte Zeit verlängert. Heute ist er ein tatkräftiger Bestandteil des Rupertus-Teams. Ob es einen überhaupt in die Ferne zieht, wenn man sich selbst ein so schönes Heim geschaffen hat?, fragen wir. „Natürlich. Wir wollen unseren Kindern die Welt zeigen und ihnen neue Perspektiven ermöglichen.“ Und die eine oder andere Inspiration mit nachhause ins selbstgebaute „Lieblingshotel“ mitnehmen. Das im Übrigen von der Größe her genau so passt, wie es jetzt ist. „Das Rupertus hat heute 50 Zimmer. Und mehr wachsen wollen wir nicht mehr. Es ist genau richtig so“, sagt Nadja Blumenkamp.
Viel zu erleben
Am Nachmittag, nach einer ausgedehnten Radtour, die E-Bikes haben wir im hauseigenen Verleih ausgeborgt, steht das Spa auf dem Programm. Dank Masseur Niklas löst sich mit sanftem Druck auch die letzte Muskelverspannung des Büroalltags auf. Das Spa bietet allerdings noch mehr: Schönheitsbehandlungen mit Naturkosmetik von Dr. Joseph und Marías und eine eigene Saunalandschaft, die in ihrer Ästhetik und Eleganz in jeder angesagten Weltmetropole gute Figur machen würde. Wir suchen uns eines der Ruhezimmer aus, die Finger streichen über das Sofa aus grünem Samt, das direkt vor einer Fensterfront steht. Der Blick nach draußen ist spektakulär. Der Berg davor, die Fichtenbäume – sie scheinen zum Greifen nah. Plätze zum Ruhen und die Landschaft auf sich wirken zu lassen, gibt es hier zur Genüge.So werden am Schluss die Gäste höchst unterschiedliche Geschichten zu erzählen wissen.
Die einen werden gleich im holzduftenden Zimmer geblieben sein und „geschlafen haben wie die Murmeltiere“(O-Ton eines Gastes), die anderen erzählen entspannt-elegante Poolgeschichten mit Bergblick. Das vegane Genussmenü mit Schokodessert könnte eine andere sein. Und die Mountainbiketour durch die Salzburger Berge auf den hauseigenen E-Bikes wäre das sportliche Highlight. Getroffen hätten sich alle bei einem Gläschen Biowein aus dem Burgenland an einem der heimeligen Plätze rund ums Rupertus. Und dann wäre es wiederum nur eine Geschichte, die wirklich zählt – die des Erlebnisses an einem besonderen Ort zu sein, weit weg vom Alltag, umgeben von Schönheit und Natur, umsorgt von Menschen, die einen aufnehmen wie gute Freund:innen. Wo man einfach barfuß durch das Gras laufen kann.
Wir wollen, dass die Gäste die Schuhe ausziehen und in der Wiese barfuß laufen.
Anja Blumenkamp
Besitzerin Biohotel Rupertus