Abenteuer China begann auf 20 Quadratmeter
Herr Berger, Ihr Start ins China-Abenteuer erinnerte zunächst ein wenig an den Film ‚Und täglich grüßt das Murmeltier‘.
Hans-Peter Berger: Das kann man wohl so sagen. Gleich nach meiner Ankunft im Herbst vergangenen Jahres musste ich in einem Hotel drei Wochen in Quarantäne. In China sind sie in Sachen Corona deutlich strenger. Ich durfte das Zimmer nicht verlassen. Beim Öffnen der Türe geht sofort der Alarm los. Drei Mal am Tag wird man mit Essen versorgt. In meinem Zimmer standen mir 20 Quadratmeter zur Verfügung. Da hatte ich noch Glück. Andere mussten mit acht Quadratmeter auskommen.
Wie vertreibt man sich auf so engem Raum die lange Zeit?
Hans-Peter Berger: Ich habe meinen gewohnten Rhythmus gebrochen und den Tag so richtig erst zu Mittag begonnen. Bei den Telefonaten mit meiner Familie und meinen Freunden musste ich auch immer den siebenstündigen Zeitunterschied zu Österreich einrechnen. Ich habe täglich ein Fitnessprogramm abgespult und auch versucht, etwas Chinesisch zu lernen. Wobei es irrsinnig schwierig ist sich zu verständigen, da es so viele Dialekte gibt.
Gleich zu Beginn aufgrund der Umstände alles hinzuschmeißen war also nie eine Option?
Hans-Peter Berger: Auf keinen Fall! Wie oft im Leben bekommt man schon so eine Chance? Für mich war sofort klar, dass ich dieses Abenteuer angehen will. Ich bin top motiviert an diese Sache herangegangen. Der Verein wollte mich unbedingt verpflichten. Das ist eine große Ehre für mich. Kurz vor meinem Engagement hat der Klub drei Tormann-Trainer entlassen. Mein früherer Teamkollege in Ried, Jung-Won Seo, trainiert jetzt die Mannschaft. Er hat mich im Sommer vergangenen Jahres kontaktiert und ich habe sofort zugesagt. Es hat einfach alles gepasst.
Ihre Familie ist aber im mehr als 7.000 Kilometer entfernten Salzburg geblieben!
Hans-Peter Berger: Ein Umzug meiner Familie hat leider noch nicht gepasst. Mein zwölfjähriger Sohn spielt selbst bei Red Bull Salzburg und auch mit den aktuellen Corona-Bestimmungen ist das alles nicht so einfach. Aber ich vermisse meinen Sohn und meine Frau natürlich schon sehr. Anfang des Jahres war ich einige Wochen in der Heimat. Das hat richtig gut getan. Die Trennung ist keine einfache Situation aber sie schweißt meine Frau und mich noch mehr zusammen.
Wie kann man sich das Leben in der 16 Millionen Einwohner-Metropole, der sechstgrößten Stadt Chinas, vorstellen?
Hans-Peter Berger: Das kann man mit unserer Heimat nicht mal ansatzweise vergleichen. Diese Stadt ist ständig in Bewegung, rund um die Uhr ist etwas los. Es herrscht ein unglaublicher Drive. Es ist ein Wahnsinn wie schnell hier alles geht. Alleine am technischen Sektor sind uns die Chinesen weit voraus. In der Stadt stehen vor allen Geschäften und Lokalen Fiebermessgeräte. Beim Eingang muss am Handy immer ein gültiger QR-Code als Nachweis eines negativen Coronatests hergezeigt werden. Ansonsten kommt man gar nicht hinein.
Haben Sie sich in der Metropole schon zurecht gefunden?
Hans-Peter Berger: Wenn ich in die Innenstadt möchte, habe ich einen Chauffeur, der mich überall hinbringt. Auch ein Dolmetscher steht mir immer zur Seite, der mir im Training und auch bei sämtlichen Behördengängen behilflich ist. Anders wäre es schwer sich zu verständigen. Nur wenige sprechen Englisch und mit meinem Chinesisch komme ich dann auch nicht weit.
Ich durfte das Zimmer nicht verlassen. Beim Öffnen der Türe geht sofort der Alarm los.
Hans-Peter Berger
Ihre erste Saison war gleich von riesigem Erfolg gekrönt!
Hans-Peter Berger: Das hätte nicht besser laufen können. In zwei spannenden Relegations-Duellen haben wir uns im Jänner erstmals in der Vereinsgeschichte den Aufstieg in die Super League gesichert. Der Verein ist erst vier Jahre alt und sehr schnell gewachsen. Es wurde ein neues Stadion mit 60.000 Plätzen gebaut. Zudem leistet sich der Klub eine neue Akademie sowie ein neues Trainingszentrum. Die Klubverantwortlichen sind sehr bemüht und versuchen sehr professionell zu arbeiten. Die Fans sind äußerst begeisterungsfähig. Die Ankunft am Flughafen, nachdem wir den Aufstieg fixiert hatten, war unbeschreiblich. Bei der Stimmung hat es mir eine ‚Ganslhaut‘ aufgezogen.
Was fehlt Ihnen am meisten an Österreich?
Hans-Peter Berger: Materielle Dinge oder ein besonderes Essen fällt mir da gar nicht ein. Ich komme mit wenig aus, bin sehr genügsam. Meine Freunde und vor allem meine Familie gehen mir schon brutal ab. Aber ich werde ohnehin versuchen, für meine Frau um ein Visum anzusuchen. Und dann wird sie vielleicht schon bald bei mir sein. Mein Sohn möchte aufgrund des Fußballs in Österreich bleiben.
Wie sieht Ihre Zukunft in China aus?
Hans-Peter Berger: Im April erfolgt voraussichtlich der Start in die neue Saison. Das hängt natürlich auch von der aktuellen Corona-Situation ab. Ich habe hier noch zwei Jahre Vertrag und diesen möchte ich auch erfüllen. Es ist schon bis jetzt eine sehr lehrreiche Zeit für mich gewesen.
Fünf Dinge, die wir von Hans-Peter Berger lernen können:
#1 … Auch in schwierigen Zeiten sein Ziel nie aus den Augen verlieren.
#2 … Man soll sich jeder Herausforderung stellen, scheint sie auch noch so groß zu sein.
#3 … Stichwort Chinesisch! Man lernt nie aus – auch im Alter kann man sich weiterbilden.
#4 … Mit weniger Dingen kann man ebenfalls glücklich sein.
#5 … Auch weite Distanzen können den Zusammenhalt der Familie beibehalten.