Page 49 - 2023_03_DIEMACHER
P. 49

Wenn man eines mit Sicherheit sagen kann, dann   keting und Öffentlichkeitsarbeit geschaffen, was
            dass Stefan Pierer ein vielbeschäftigter und viel-  für eine Technische Universität etwas eher Unty-
            seitig engagierter Mann ist. Dennoch nimmt er   pisches ist. Wir sind ein sehr gutes Team und sind
            sich Zeit, mit uns über Themen zu sprechen, die   wahnsinnig motiviert, loszustarten.
            ihm persönlich rund um die Montanuniversität
            Leoben am Herzen liegen: die fehlende naturwis-  Welche Pläne gibt es noch für
            senschaftliche Bildung der Gesellschaft, die Wich-  die Zukunft der Universität?
            tigkeit von Kommunikation der Aktivitäten der   Stefan Pierer: Wir möchten die Vernetzung unter-
            Universität und die Erfordernisse, die es braucht,   einander fördern und die Gesamtheit der Univer-
            um die Energietransformation gemeinsam bewäl-  sität der Öffentlichkeit präsentieren.  Wir haben
            tigen zu können.                            hier viele Einzelrichtungen, aber die muss man na-
                                                        türlich in einer Synergie nach außen bringen. Das
            Herr Pierer, Sie kehren mit Ihrer Funktion als   Thema digitale Transformation betrifft auch den
            Universitätsratsvorsitzender nun an Ihre Alma   tertiären Ausbildungssektor. Wir haben alle not-
            Mater zurück. Welche Erinnerungen verbinden Sie   wendigen Werkzeuge, sie zu bewältigen. Nun gilt
            mit der Montanuniversität Leoben?           es, diese in der richtigen Reihenfolge anzuwenden
            Stefan Pierer:  Nur  die  besten!  Der  Besuch  der   und unsere Kompetenzen zu kommunizieren.
            Universität war im wahrsten Sinn des Wortes das
            Sprungbrett zu der Karriere, die ich in den letzten   Worin liegt die gesellschaftliche
            40 Jahren gemacht habe.                     Verantwortung einer Universität?
                                                        Stefan Pierer: Die Universität ist die höchste Stu-
            Wieso haben Sie sich entschieden,           fe der Ausbildung, die wir zu bieten haben, und
            sich gerade jetzt dort zu engagieren?       die Absolvent:innen werden nicht nur in unserer
            Stefan Pierer: Aus dem Grund, weil die MINT-Stu-  Wirtschaft, sondern auch global gesehen ihren
            dien momentan unter Druck kommen, ganz egal   Fußabdruck hinterlassen. Ich bin ein gutes Bei-
            ob in Wien, Graz oder Leoben. Immer weniger   spiel dafür. Natürlich hat man als Unternehmer:in
            junge Menschen sind bereit, ein herausforderndes,   und letztlich als Absolvent:in eine immense Ver-
            technisches Studium zu beginnen. Umgekehrt ist   antwortung der Gesellschaft gegenüber, aktiv die
            es immens wichtig, dass wir eben solche gut ausge-  Herausforderungen anzupacken, die sich uns stel-
            bildeten Personen bekommen, weil sie die Grund-  len.
            lage darstellen, um unsere Zukunft und unseren
            Planeten zu erhalten.                       Müssen wir das Konzept von Universität
                                                        in Zukunft vielleicht neu denken, so wie
            Was ist der USP der Montanuniversität und   wir auch Arbeit neu denken?
            wodurch hebt sie sich von anderen Universitäten ab?  Stefan Pierer: Die Arbeitswelt neu denken – da
            Stefan Pierer: Sie vereint alle Studienrichtungen,   muss man meiner Meinung nach aufpassen.
            die es für die Energietransformation braucht, sei   Denn mit Minderleistung werden wir unseren
            es das Wissen über Rohstoffe, Kreislaufwirtschaft,   Wohlstand nicht erhalten können. Bildung wird
            Metallurgie oder Recycling. All jene Thematiken,   eine wichtige  Voraussetzung, um aus europäi-
            worüber wir gerade in der Gesellschaft diskutie-  scher Sicht gegen die neuen Regionen der Welt
            ren, wie Thematiken des Klimawandels und der   bestehen zu können. Das werden wir nicht mit
            CO2-Transformation, werden dort behandelt, er-  Minderleistung und Work-Life-Balance schaffen,
            forscht und gelehrt. Darum kann ich nicht auf-  sondern durch hohe und exzellente Bildung, In-
            hören, für diesen Standort zu werben. Mein Bei-  novation und Fleiß. Ein großes Anliegen von mir
            trag ist in erster Linie sicherlich auch der, durch   ist es auch, den naturwissenschaftlichen Hausver-
            meine Bekanntheit das Marketing und die Kom-  stand vermehrt in die Gesellschaft zu bringen, den
            munikation zu verbessern. Diese sind oft gerade   brauchen wir alle mehr denn je._
            bei  Technischen Universitäten nicht  besonders
            gut ausgeprägt. Ich möchte helfen, möglichst viele
            Studierende nach Leoben zu lotsen.

            Welche Visionen haben Sie und der
            restliche Universitätsrat für die kommenden
            Jahre der Universität?
            Stefan Pierer: Das ist relativ simpel. Wir möchten
            in unserer fünfjährigen Periode die Zahl der Stu-
            dienanfänger:innen verdoppeln. Das ist natürlich
            eine entsprechende Herausforderung, aber wir
            haben uns, wie in einem Unternehmen, mit dem
            Rektorat neu aufgestellt. Neben den klassischen
            Divisionen des neuen Rektors wie Wissenschaft,
            Lehre, Finanz- und Rechnungswesen und Orga-
            nisation haben wir ein eigenes Rektorat für Mar-


                                                                                            49
   44   45   46   47   48   49   50   51   52   53   54