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Software-Unternehmen. Schon damals merkt sie,
            dass sie das Thema begeistert.

            Von Herausforderungen und Chancen

            Nach verschiedenen beruflichen Stationen im Mar-
            ketingbereich macht sie sich kurz vor ihrem 30.
            Geburtstag mit einer Werbeagentur selbstständig.
            Drei Jahre später entsteht die Idee zu Offisy und
            so gründet sie mit einer ehemaligen Studienkolle-
            gin und einem Entwickler gemeinsam ihr zweites
            Unternehmen. Offisy startet als klassische Online-
            Terminbuchungssoftware für Ärzt:innen und Mas-
            seur:innen und bedient eine damalige Marktlücke.
            Nach nicht mal zwei Jahren verlassen die anderen
            beiden Gründer:innen das Unternehmen wieder,
            zu unterschiedlich sind die Arbeits- und Heran-
            gehensweisen. Und auch das Unternehmen selbst
            muss sich durch den sich verändernden Markt wei-
            terentwickeln.                              Kontext von einer externen Beratungsfirma, die   Gemeinsam mit den
                                                        eine Ist-Analyse des Unternehmens macht und   beiden Ärztinnen Franziska
                                                                                                   Pschebezin (links) und
            Schauer hat die  Wahl: entweder klein beigeben   mit allen Mitarbeitenden die gemeinsame Arbeit   Claudia Springer (rechts)
                                                                                                   hat Offisy seine Software
            oder die Chance auf Veränderung nutzen. Was für   neu denkt, von den Zusammenarbeitsregeln bis   für gynäkologische Praxen
            eine Frage, denkt sie sich. Sie beginnt gemeinsam   hin zu Homeoffice und einem neuen Gleitzeit-  weiterentwickelt.
            mit ihrem Team, das mittlerweile aus zwölf Mit-  modell. Und auch privat lernt sie, Unterstützung
            arbeitenden besteht, zu überlegen, wo sie sich mit   anzunehmen. Was ihr bis heute etwas sauer auf-
            Offisy am Markt positionieren kann. Neben einer   stößt: Bei Abendveranstaltungen wird sie ständig
            klassischen Praxissoftware bietet das Unternehmen   gefragt, wo sie denn heute ihre Kinder gelassen
            nun auch Patientenmanagement, Abrechnungen   habe. Ihr Mann bekommt diese Frage so gut wie
            und administrative Unterstützung an. Dies soll die   nie gestellt. Sie lernt daraus: „Wir sollten in Zu-
            klassische Ordinationsassistenz keinesfalls ersetzen.   kunft vielleicht auch viel öfter Männer fragen,
            „Ein freundliches ‚Willkommen in unserer Praxis‘   wie  sie  Beruf und  Familie  meistern,  dann  wird
            und andere zwischenmenschliche Tätigkeiten kann   sich hoffentlich etwas ändern.“
            keine Software übernehmen, aber sie bietet Zeit
            für das Ordinationspersonal und die Ärzt:innen,   Sich selbstständig gemacht zu haben, bereut sie
            sich wieder auf Dinge zu konzentrieren, die wirk-  keine Sekunde, obwohl sie rückblickend vie-
            lich wichtig sind, und die Patient:innen wieder in   le Fehler nicht mehr machen würde. Doch sie
            den Vordergrund zu stellen.“                schätzt es sehr, sich jeden Tag neu entfalten zu
                                                        können, und überhaupt hat sie schon immer
            Das schönste Kompliment für Schauer ist, wenn   gewusst: „Ich bin schlecht darin, eine gute Mit-
            Kund:innen sagen: „Dank dir habe ich wieder   arbeiterin zu sein, ich möchte viel lieber Dinge
            Zeit, mich auch meinen Hobbys zu widmen!“ Und   ausprobieren, Risiken eingehen und innovative
            wenn negatives Feedback kommt? „Bei Dingen, die   Lösungen finden, wenn mir das Leben Steine in
            ich nicht nachvollziehen kann, rufe ich persönlich   den Weg legt – denn ein Umweg ist im Idealfall
            an und erkundige mich, wie wir etwas besser ma-  nur eine Abkürzung.“_
            chen können. Bei Dingen, die ich nachvollziehen
            kann, entschuldige ich mich und bin froh, dass wir
            daraus lernen und noch besser werden können.“
                                                           #Gedankensprung
            Erste und zweite Familie

            Was ihr bei ihrem Weg in den vergangenen Jahren   mit Stefanie Schauer
            immer wieder hilft: das Netzwerk ihrer Familie.
            Deswegen ist es für sie auch selbstverständlich,
            ihr Unternehmen familiär zu führen und immer   Meine größte Stärke als Führungskraft_ist das persönliche
            zu wissen, wie es ihren Mitarbeitenden geht. Die-  Einfühlungsvermögen für jede:n Einzelne:n.
            se schätzen den offenen und ehrlichen Umgang
            miteinander und die individuellen Lösungen, die   Wenn ich nicht Gründerin von Offisy wäre_wäre ich unglücklich.
            gemeinsam gefunden werden, wenn jemand vor
            einer privaten Herausforderung steht.          Familie und Beruf zu verbinden ist für mich_eine der schönsten
                                                           und herausforderndsten Aufgaben meines Lebens.
            Vor fünf Jahren gründet Stefanie Schauer selbst   Wenn ich eine Sache ändern könnte_dann wäre es
            eine Familie und ist stark gefordert, weil sich zu   die Gleichberechtigung für alle Menschen.
            diesem Zeitpunkt auch in der Arbeitswelt einiges
            verändert. Sie holt sich also Hilfe: im beruflichen   Mein Lebensmotto_Take it easy!


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