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3 Fragen
an …
Lukas Pastl,
Geschäftsführer,
Surgebright
01 Bei welchen Verletzungen wird
die Knochenschraube eingesetzt?
Lukas Pastl: Vor allem in der Fuß- und Handchirurgie, bei Brüchen,
Fehlstellungen oder Gelenksabnützungen (Arthrosen). Auch bei
Bänder- und Sehnenrissen kann sie eingesetzt werden.
Informationen zum 02 Wo liegen die großen Vorteile darin?
Lukas Pastl: Das Risiko einer möglichen zweiten Operation entfällt.
Krankheitsbild stehen oft Die Schraube wird zu patienteneigenem Knochen, somit bleiben
Patient:innen nach der Fusion der Knochenfragmente von
ungeprüft im Netz. Fremdkörpergefühl und Komplikationen verschont. Corona verschärft
die Lage im ohnehin überlasteten Gesundheitssystem – Patient:innen
warten mit Schmerzen teilweise Monate auf eine Operation. „Shark
Tobias Gotterbarm Screw“-Chirurg:innen tragen dazu bei, dass diese Situation sich nicht
Vorstand der Orthopädie und Traumatologie, weiter zuspitzt.
Kepler Universitätsklinikum
03 Kann „Shark Screw“ die Metallschraube
in Zukunft sogar komplett ersetzen?
Lukas Pastl: In vielen Anwendungsbereichen tut sie das bereits heute.
Dass „Shark Screw“ Metallschrauben in Zukunft gänzlich ersetzen
kann, ist rein theoretisch möglich. Bis dahin muss sich aber noch
vieles weiterentwickeln und ändern. Es braucht ein völlig neues
die Leistungsdaten nach einer ausgiebigen Radtour Mindset, zudem gibt es gerade bei schweren Trümmerbrüchen keine
im Vergleich zum letzten Mal stark abgefallen oder anderen Lösungen als massive Metallsysteme. Eine Trümmerfraktur
der Herzkreislauf ist aus dem Takt geraten, bekom- am Oberschenkel wird man wahrscheinlich auch in fünf Jahren noch
men die Nutzer:innen sofort eine Nachricht als War- mit einer Metallplatte versorgen müssen.
nung. Mithilfe der elektronischen Gesundheitsakte
(Elga) können zudem die eigenen Gesundheitsdaten
unabhängig von Ort und Zeit abgerufen werden.
Dementsprechend aufgerüstet müssen da natürlich
Knochen statt Metall unsere Operationssäle sein. Augmented Reality, 3D-
Brillen und Roboter – all das ist künftig Standard.
Doch wie werden sich künftig eigentlich die OP-Me- „Es gibt heute bereits Hybrid-OP-Säle, die sämtliche
thoden verändern? Bei Knochenbrüchen wird bei- Bildgebung digital einspielen. Auch mit der virtuel-
spielsweise anstatt eines Metallimplantats schon auf len 3D-Brille kann heute schon gearbeitet werden.
die Knochenschraube „Shark Screw“ der Firma Sur- Somit ist es möglich, MRT- und CT-Daten virtuell
gebright aus Lichtenberg gesetzt. Der große Vorteil einzuspielen. Sowohl in der Bauchchirurgie als auch
daran: Aufgrund des Implantates aus menschlichen in der orthopädischen Chirurgie wird Robotik schon
Knochen entfällt das Risiko einer möglichen zweiten angewandt. Hierdurch können Operationen deut-
Metallentfernung. Die Schraube wird nämlich Teil lich kontrollierter und präziser ablaufen. Neueste
des Körpers. Innerhalb von sechs Wochen wachsen Hybrid-OPs, die eine intraoperative Bildgebung und
Gefäße in das Implantat ein. Osteozyten und Osteo- Bildgebungen über 3D-Brillen ermöglichen, sind
blasten, die sogenannten Knochenzellen, bauen die bereits in ersten hochmodernen OP-Sälen in Pla-
Schraube so um, dass sie nach ein bis zwei Jahren nung und bald auch im Einsatz“, weiß Gotterbarm.
im Röntgen nicht mehr sichtbar ist. „Inzwischen
gibt es eine Vielzahl von derartigen Implantaten, Als sogenannter Arzt 2.0 sieht sich der Vorstand der
die auch schon routinemäßig eingesetzt werden. Die Orthopädie und Traumatologie des Keplerklinikums
Langzeitergebnisse müssen jedoch noch abgewartet als „mit meinen Patient:innen vernetzt“. Er betont
werden“, so Gotterbarm, der noch weiter ausführt: dabei, sämtliche Tools einschließlich der Gesund-
„Eine weitere Änderung, die kommen wird, ist eine heitsdaten im System abrufen zu können. Neue
dreidimensionale OP-Planung. Hier kann über vor- Befunde können ganz einfach eingespielt und von
her durchgeführte bildgebende Verfahren, wie CT, anderen Kolleg:innen abgerufen werden. „Insbeson-
die Operation am Knochen simuliert werden. Auch dere Bildgebung, Informationsfluss und Vernetzung
diese Verfahren sind bereits in erstem klinischen Ein- sind für den Arzt 2.0 sehr wichtig“, so Gotterbarm.
satz und werden in Zukunft sicherlich noch häufiger High-Tech wird somit weiterhin groß geschrieben.
eingesetzt und die operativen Maßnahmen durch die Und der Patient 2.0 wird dann vielleicht auf „Dr.
Digitalisierung maßgebend verändern.“ Google“ verzichten können._
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