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Wenn man persönlich kein
Risiko eingehen will und kann,
soll man kein Unternehmen
gründen.
OLIVER LUKESCH
ehemaliger Gründer, Avuba
REDAKTION_SABRINA KAINRAD
FOTOGRAFIE_THINKSTOCK, STRUGL / LAND OÖ
WENN DER LEBENSTRAUM ZERPLATZT
Man arbeitet viele Jahre hart daran. Investiert eine Menge Zeit, stellt vieles andere zurück. Doch Sicherheit
für einen langfristigen Erfolg gibt es nicht. Sehr schnell kann alles vorbei sein und plötzlich steht man
vor dem Nichts. Alexander Barth, Oliver Lukesch und Franz Seher wissen, wie sich das anfühlt. Ihre
mühsam aufgebauten Unternehmen sind pleitegegangen. Bereut haben sie den Ausflug in das
Unternehmertum aber trotzdem keine Sekunde. Ganz im Gegenteil.
Es ist fulminant losgegangen: Beim der neu gegründeten Unternehmen be- ziell nicht mehr aus. „Die Rechnung war
Crowdfunding wurde gleich einmal viel stehen laut WKÖ-Statistik 2014 länger nur um ein Jahr falsch angesetzt.“ Im
mehr Geld als erwartet lukriert. Der als fünf Jahre. Alexander Barth hat das Laufe des Jahres 2015 wären fünf bis
Zuspruch aus der Bevölkerung für das mit seinem Start-up „Intelligent Motion“ sechs Aufträge gekommen und damit
ambitionierte Projekt des ersten ver- nicht geschafft. Knapp fünf Jahre nach die Fortführung gesichert gewesen, nur
packungsfreien Supermarktes in Ober- der Gründung musste Barth Anfang musste man ja davor schon Insolvenz
österreich war großartig. Dementspre- 2015 Insolvenz anmelden. „Man steht anmelden.
chend euphorisch eröffnete Franz Seher plötzlich vor dem Nichts“, erinnert sich
mit seinem Team Anfang September Barth an die schwierige Zeit zurück, als
2015 den Supermarkt Holis in der Linzer sein Lebenstraum zerplatzt ist. Es gab Risiko eingehen
Innenstadt und wurde in den ersten Wo- ein erstes Treffen mit dem Insolvenzver- Holis-Gründer Seher nennt als Grund
chen auch nicht enttäuscht. Es sind täg- walter und ab dem Zeitpunkt, da dieser für sein Scheitern, dass man als kleines
lich mehrere 100 Leute gekommen. Das das Unternehmen übernommen hatte, Handelsunternehmen die Anfangsphase
Medieninteresse war groß. Der Gründer fühlte sich Barth ein wenig in der Luft neben den großen heimischen Konzer-
konnte die vielen Medienanfragen neben gehangen und fragte sich, wie es wei- nen nur schwer überlebt. Die Gewinn-
der Arbeit im Geschäft gar nicht mehr tergehen soll. Seine Frau war ebenfalls spannen seien sehr gering, die mehreren
bewältigen und beauftragte eine Pres- für das Unternehmen tätig, die Tochter 100 Kunden pro Tag waren zu wenig. Ein
seagentur. Doch von all dem ist heute gerade sechs Monate alt: „Das war auch möglicher Partner ist noch vor der Eröff-
nichts mehr übrig. Knapp ein Jahr nach eine Belastungsprobe für die Beziehung, nung ausgefallen, neben dem operativen
der Eröffnung musste Holis Konkurs an- wenn man plötzlich zu zweit ohne Job Geschäft hatten Seher und sein Team
melden und schließen. und Einkommen dasteht und auch noch kaum Zeit für die Investorensuche. „Ei-
Unternehmensschulden übernehmen gentlich hätten wir gar nicht eröffnen
Rund 5.200 Insolvenzen gab es 2016 in muss.“ Besonders bitter bei der Pleite: sollen, als wir gewusst haben, dass wir
Österreich und damit sind die Pleiten Intelligent Motion entwickelte Trainings- keinen Partner bekommen.“ Zu wenig
erstmals seit dem Jahr 2012 wieder ge- und Rehabilitationsgeräte, die Markt- User und lange Zeit nicht die richtigen
stiegen, geht aus der Insolvenzstatistik einführung dauerte ein Jahr länger als Banking-Partner, nennt der Linzer Oli-
des Kreditschutzverbandes KSV 1870 gedacht und daher wurde das Geld Ende ver Lukesch, Co-Gründer von Avuba, als
hervor. Knapp 600 davon in Oberöster- 2014 knapp. Als ein Kunde die Bestellung Gründe für das Scheitern des Start-ups.
reich, was einen Wert von 9,2 Insolven- von zwei großen Robotern im Jänner auf Nach drei Jahren war im November des
zen je 1.000 Firmen ergibt. 68 Prozent September verschob, ging es sich finan- vergangenen Jahres mit dem Berliner
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