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9Text David BauerFoto Antje WolmEs ist ein grauer Nachmittag, als wir uns auf den Weg ins nieder%u00f6sterreichische Gm%u00fcnd machen. Die Sonne k%u00e4mpft vergebens gegen die dicke Wolkenschicht und am Horizont zeichnet sich ein d%u00fcsterer Gewitteramboss ab. Erste Regentropfen prasseln auf die Frontscheibe. Wie sinnbildlich all das f%u00fcr die Einsch%u00e4tzungen zur wirtschaftlichen Lage in %u00d6sterreich stehen wird, die uns CEO Stefan Graf in unserem Interview gibt, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Bei der Zentrale des Bauunternehmens Leyrer + Graf angekommen, begr%u00fc%u00dft uns der Inhaber mit einem L%u00e4cheln und festem H%u00e4ndedruck. Zwar nicht mit dem %u201evulkanischen Gru%u00df%u201c %u2013%u00a0 die V-f%u00f6rmige Begr%u00fc%u00dfungsgeste in Star Trek, bei der die Finger nur zwischen Ring- und Mittelffnger gespreizt werden %u2013, aber daf%u00fcr umso mehr mit dem Wunsch nach einem h%u00f6heren Ma%u00df an logischem Denken und rationaler Entscheidungsffndung, wof%u00fcr Commander Spock so ber%u00fchmt wurde. Denn wie die Wolken beim Blick aus dem Fenster seines B%u00fcros verdunkelt sich auch seine Miene, als wir ihn nach dem Zustand der %u00f6sterreichischen Wirtschaft fragen. Einmal Wurzelbehandlung, bitte! Konjunkturelle Talsohle, Schlusslicht im EU-Vergleich und eine Rezession, die nur in vereinzelten Lichtblicken verspricht, bald wieder zu enden %u2013 zuletzt bewegt sich %u00d6sterreichs Wirtschaft allenfalls seitw%u00e4rts, wenn nicht r%u00fcckw%u00e4rts. %u201eUnd doch werden die Ursachen der aktuellen Lage nicht bek%u00e4mpft%u201c, gibt Graf kritisch zu bedenken. %u201eIm Gegenteil. Es f%u00fchlt sich an, als schaue man unbewusst oder sogar bewusst weg.%u201c Dabei habe man die Symptome l%u00e4ngst zu sp%u00fcren bekommen. %u201eWie beim menschlichen K%u00f6rper ist der Schmerz das Erste, was einem auff%u00e4llt. Aber die Ursachen sind schwieriger zu ffnden.%u201c Zwar sei die neue Bundesregierung bem%u00fcht, %u201edoch es fehlen die gro%u00dfen Schritte, die starken Weichenstellungen, die eine fundamentale Ver%u00e4nderung in m%u00f6glichst kurzer Zeit herbeif%u00fchren k%u00f6nnten.%u201c Und genau das schmerzt ihn. %u201eNicht nur als Unternehmer, sondern auch als Staatsb%u00fcrger.%u201cF%u00fcr den Bauexperten liegt der Kern des Problems auf der Hand. %u201eLeistung%u201c entwickle sich immer mehr vom Schl%u00fcssel- zum Tabuwort. %u201eWir sind keine High-Performance-Gesellschaft mehr.%u201c Seine Diagnose untermauert er mit einem historischen Vergleich: %u201eNach dem Krieg, unterst%u00fctzt durch den Marshallplan, ist aus der Not heraus eine Leistungsmentalit%u00e4t entstanden, die %u00fcber viele Jahrzehnte andauerte und unseren Wohlstand, wie wir ihn heute kennen, aufgebaut hat. Doch wie noch jede Gesellschaft, die wir im Laufe der Geschichte beobachtet haben, sind auch wir dekadent Habt Mut. Habt MEHR Mut. Habt VIELMEHR Mut.%u201c%u201e%u201e%u00d6sterreich hat ein Leistungsproblem.%u201c Die Analyse von Stefan Graf f%u00e4llt ebenso deutlich wie ern%u00fcchternd aus. Der CEO von Leyrer + Graf, einem der f%u00fchrenden Bauunternehmen %u00d6sterreichs, tr%u00e4gt die Verantwortung f%u00fcr rund 2.750 Mitarbeitende, die an 18 Standorten eine Bauleistung von 630 Millionen Euro erbringen. Seit fast 100 Jahren stemmt der Familienkonzern Projekte in verschiedensten Gr%u00f6%u00dfenordnungen. Und doch liegt f%u00fcr den Eigent%u00fcmer die derzeit gr%u00f6%u00dfte Baustelle in so mancher Denkweise unserer Gesellschaft und Politik.

