Page 91 - 2024_02_DIEMACHER
P. 91

BLICK

               … sondern auch die Marke. Warum Corporate Audio so entscheidend           hinter die
                ist, wenn man seine Zielgruppe erreichen und berühren will, wie           Kulissen
                derart emotionale Töne entstehen und ob das alles nicht längst eine
                KI generieren kann, darüber reden wir mit Andreas Gatterbauer.
                Und zwar in seinem Tonstudio in Thalheim bei Wels.

            Bumm tschack tschack bumm. Andreas Gatter-  Gänsehautmomente
            bauer sitzt an seinem Schlagzeug. Dort, in die-
            sem riesigen Vierkanthof, wo auch sein Ton- und   Wenn seine Kunden den Sound zum ersten Mal
            Filmstudio und seine Agenturen Steam Audio   hören, dann sind das jene Momente, in denen An-
            Company &  True Studios untergebracht sind.   dreas Gänsehaut bekommt. „Ich wollte schon als
            Aber eigentlich ist er, während er sich dem Takt   Kind etwas bewegen – und wenn ich dann sehe,
            hingibt, ganz woanders. In einer anderen Welt.   was das mit jemandem macht, der gar nicht glau-
            Einer Welt, in der Musiker zuhause sind – und   ben kann, dass wir seine Marke in Musik umge-
            in die sie andere Menschen hineinziehen, ohne   wandelt haben, dann ist das etwas Bewegendes.“
            dass diese wirklich verstehen, wie. Denn Musik   Zuletzt sei  das beim Geschäftsführer  der Firma
            sei nicht rational kontrollierbar. „Sie wirkt auf   Haberfellner Mühle der Fall gewesen. „Er woll-
            Menschen emotional ein, sie geht aufs limbische   te den Song immer und immer wieder hören“,
            System. Das heißt, sie geht ins Unterbewusstsein   erzählt er und lächelt. Mit Musik Emotionen zu
            rein, und das kann ich nicht rational steuern“, er-  transportieren, das war ihm immer schon wich-
            klärt der Schlagzeuger, Sänger und Musikprodu-  tig. „Ich wollte schon damals, als ich auf großen
            zent. „Stell dir mal einen Film ohne Musik vor.“   Bühnen gespielt habe, vor vielen 1.000 Leuten,
            Stimmt. Es sind tatsächlich die dramatischen   mit der Musik den Menschen etwas mitgeben.“
            Töne der Szene, die uns zum Heulen bringen,
            oder die gruseligen, die uns Angst machen.   Irgendwann habe er gelernt, dass sich Erfolg
                                                        nicht an der Größe des Publikums messen lasse.
            Musik an, Gefühl an                         „Sondern viel mehr daran, wie bewegt die Men-
                                                        schen sind – da kann es mitunter sein, dass du
            Oder, und das ist Andreas Gatterbauers Speziali-  weniger Leute im kleinen Rahmen voll und ganz
            tät, sie bringen uns dazu, uns mit einer Marke zu   und besser erreichst, als wenn du versuchst, die
            identifizieren. Deren Stil, deren Qualität, deren   große Masse zu bespielen.“ Genau darin sieht
            Einzigartigkeit zu spüren. Vor 25 Jahren hat er   er die Parallele zu Qualitätsmarken. Es ist aber
            gemeinsam mit Jörg Pfaffenzeller die Steam Au-  nicht nur die Musik, die er gemeinsam mit Jörg
            dio Company gegründet. „Wir haben gesehen,   Pfaffenzeller anbietet, um Marken dem Zielpu-
            dass sträflicherweise in der ganzen  Werbeszene   blikum  näherzubringen.  „Als True  Studios  sind
            die Musik meist nur sehr oberflächlich einge-  wir zusammen mit zwei weiteren Partnern, Chris-
            setzt wird – nie nah am Markenkern.“ Das sei für   toph Braunesberger und Christoph Endt, eine
            manche Marken auch völlig okay, „für Qualitäts-  klassische Markenagentur: Wir machen alles von
            marken hingegen ist es entscheidend, dass auch   der Markenentwicklung und -weiterentwicklung
            die Musik den Markenwerten entspricht“. Denn:   über die Markenstrategie bis hin zur Kampag-
            Musik sei der  Träger der Emotionen.  Wo wir   nenstrategie.“ Das Besondere und dem Zeitgeist
            wieder beim Thema Film wären – „ohne Musik   Entsprechende sei, dass „wir den ganzen Content
            kommt kein Gefühl rüber“.                   angepasst an die Strategie schnell und unkompli-
                                                        ziert erzeugen können. Bei uns sitzen alle an ei-
            Doch wie komponiert man Musik, die einem    nem Tisch und reden über das Projekt. Und dann
            Markenkern entsprechen soll? „Wir beginnen mit   kommen auch schon die Ideen von der Filmsei-
            einer klassischen Markenanalyse. Davon leiten   te, von der Tonseite und so weiter.“ Besonders
            wir die Klangwerte ab. Und dann komponieren   beim digitalen Performance-Marketing ist das
            wir darauf maßgeschneidert Musik, Jörg ist unser   wichtig. Hier sind wir mit unserem zurzeit zehn-
            Songwriter und auch Sänger, und ich bin dann   köpfigen Spezialisten-Team außergewöhnlich gut
            musikalisch gesehen der Produzent.“ Die Auf-  aufgestellt.“ Insgesamt entsteht so schließlich
            gabe des Produzenten sei es, den Song zu insze-  in jedem Fall eine in sich stimmige Kampagne.
            nieren – er muss die Musik, die Performance der
            Musiker, das Arrangement und den technischen   Hörprobe
            Sound zusammenführen, damit es insgesamt ein
            tolles musikalisches Produkt ergibt. „Wir machen   Und die brauche heute jeder – im Unterschied zu
            einen Sound, der nur für diese Marke passt, weil   früher. „Vor 25 Jahren, als wir begonnen haben,
            er genau diese beschreibt. Der wäre dann auch für   da waren es nur die großen Player, die Film und     Text  Susanna Winkelhofer
            keine andere Marke stimmig.“                Ton für ihre Kampagne einbezogen haben. Die     Foto  Ines Thomsen


                                                                                             91
   86   87   88   89   90   91   92   93   94   95   96