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Wir können viel von Steht es noch dafür,
den Generationen wenn man 300 Kilometer
vor uns lernen. zu einer Baustelle fährt?
Julia Speiser Sebastian Ganthaler
Geschäftsführerin, Entholzer Geschäftsführer, Entholzer
Über Krisen und neues Denken Über neue Chancen
„Die Generationen unserer Eltern und Großeltern haben „Es geht auch um eine Chance im partnerschaftlichen
so viele Krisen gemeistert und haben sich dennoch Sinne. Die letzten Jahre waren sehr turbulent für uns
etwas aufgebaut und etwas für die Zukunft geschaffen. alle, aber wir haben bewiesen, dass wir sehr eng mit den
Warum sollten wir das jetzt nicht können? Es ist gerade Partner:innen und Kund:innen in Abstimmung waren. Das
Krisenstimmung in der Baubranche, aber wir stecken den ist uns sehr wichtig gewesen. Und wenn man jemandem
Kopf nicht in den Sand und schauen positiv in die Zukunft. in schwierigen Zeiten die Stange hält, dann wird das
Es wird weitergehen, auch wenn es anders weitergeht.“ auch weiter anhalten und in Zukunft helfen. Ein weiteres
Thema sind Ressourcen. Wir sind dauerhaft dabei, Dinge
„Definitiv werden wir aktuell zum Umdenken gezwungen, zu optimieren. Das beginnt beim Portfolio, wo man sich
aber das versuchen wir positiv zu sehen. Wir verstehen, überlegt, ob man wirklich alles anbieten muss, was man
dass es für alle Häuslbauer:innen aktuell schwierig ist, jetzt hat, oder ob auch weniger reicht. Wir konzentrieren
weil es einfach teurer wird. Vielleicht haben wir aber uns auf regionale Bauprojekte. Steht es noch dafür, wenn
gerade dadurch die Möglichkeit, Dinge neu zu denken man 300 Kilometer zu einer Baustelle fährt? Da wird die
und zu hinterfragen, ob man eine Wohnfläche mit 170, 180 Betrachtungsweise anders. Dann ist es wieder eine Chance
Quadratmetern braucht. Geht es mit weniger? Müssen der und so nützen wir diese neuen Umstände.“
Pool und der Garten beim Einzug fertig sein? Brauche ich
die modernste Ausstattung von Anfang an oder kann ich
das Schritt für Schritt umsetzen?“ Über den Blick in die Zukunft
„Teil des Unternehmertums ist es, unvorhersehbare
Probleme zu lösen. Das kann mitunter sehr geballt
Über ihren Urgroßvater, der mit einer wie jetzt sein, aber wir lassen uns den Optimismus
Ein-Mann-Glaserei den Grundstein für Entholzer nicht nehmen. Wir dürfen mit Ehrgeiz und Zuversicht
vor mehr als 100 Jahren gelegt hatte. gegenüber unseren Mitarbeiter:innen in die Zukunft
„1920 war Nachkriegszeit und da gehörte viel Mut dazu, blicken. In der Baubranche ist es ein Vorteil, finanziell
ein Unternehmen auf die Beine zu stellen. Er hatte diesen gesund zu sein. Wir merken schon, dass einen das ruhiger
Antrieb, um das umzusetzen. Für uns ist schön, dass sich schlafen lässt, wenn man gut
die Firma in den 103 Jahren seither von der Ein-Mann- gewirtschaftet hat. Das zeigt sich
Glaserei zur Spiegelreparatur, über Kastenfenster bis zur in einer überdurchschnittlichen
jetzigen Kunststofffenster-Produktion sehr stark gewandelt Eigenkapital-Quote. Und
hat. Meinen Urgroßvater würde freuen, dass die Einstellung diese Sicherheit, die wir
über die Generationen hinweg gleich geblieben ist: Wir ausstrahlen, hilft gegenüber
machen den Job mit Herzblut und das ist einfach unser Kund:innen, Lieferant:innen und
Antrieb. Das hat sich nie geändert.“ Mitarbeiter:innen.“
„Ich würde ihn gern fragen, was ihn damals dazu bewogen „Da ist es ein klarer Vorteil, als
hat und ihm den Mut gegeben hat, das zu machen. In der Paar ein Ziel zu verfolgen, die #70 Julia Speiser
aktuell recht pessimistischen Zeit wäre es gut, wenn man gleichen Erwartungshaltungen und Sebastian
die eigenen Urgroßeltern oder Großeltern befragen könnte. zu haben und auch die gleichen Ganthaler: Wie
Wie war das damals? Gleichzeitig vergisst man fast, welche Erfahrungen. Wir motivieren uns man als Paar ein
Krisen in deren Zeiten stattgefunden haben. Das würde ich gegenseitig.“_ Unternehmen in
gern mit ihm bereden, aber das kann ich leider nicht die Zukunft führt.
mehr.“
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