Page 176 - DIE MACHER_Winterausgabe2022
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„Ich besitze


       keine



       Kristallkugel“







                              Genau das antwortet Rudolf Kainz
                              lachend auf die Frage, wie wir in
                              100 Jahren wohl wohnen werden.
                              Berechtigt ist sie dennoch. Vor allem
                              dann, wenn es um den Immobilienkauf
                              im Baurecht geht. Über ein Modell,
                              das sich der Mangelware Grundstücke
                              annimmt und eine Antwort auf die
                              besorgte Frage nach dem Kauf von
                              Wohnraum liefert, die sich ein immer
                              größerer Teil der Gesellschaft stellt.


                           „Wohnen ist ein hochemotionales Thema“, ist   zu verkaufen – selbst, wenn man diese nicht nutzt.
                           Rudolf Kainz überzeugt. Und deshalb braucht   Für Baurechtsgeber:innen ist das ein entscheiden-
                           es zukunftsfähige Lösungen, die zuverlässig sind.   der Vorteil: Man profitiert von den Einnahmen
                           Eine davon ist der Immobilienkauf im Baurecht,   des Baurechtszinses, ohne selbst etwas auf dem
                           den sein Unternehmen als einer der österreichi-  Grund errichten zu müssen oder das Eigentum
                           schen  Vorreiter im hart umkämpften Immobi-  daran zu verlieren – quid pro quo.
                           lienmarkt Salzburgs vorantreibt. Grundsätzlich    
                           ist das Prinzip einfach erklärt: Das Eigentum des   Aber was passiert nach 100 Jahren?
                           Grundstücks wird vom Eigentum des Gebäudes
                           getrennt. Eine Immobilie wird also auf frem-  So verlockend das Modell klingt, führt kein Weg
                           dem Grund gebaut, wodurch die Kosten für das   an dieser Frage vorbei. „In Österreich tendiert
                           Grundstück entfallen. „Die zwei teuren Faktoren   man dazu, in sehr vielen Generationen und gera-
                           beim Kauf von  Wohnraum sind die Baukosten   de beim Thema Eigentum an die eigenen (Enkel-)
                           und der Baugrund. Beim Baurecht fällt Letzterer   Kinder zu denken“, bemerkt Kainz, der die Sor-
                           weg und wird stattdessen über 100 Jahre Laufzeit   gen der Menschen für durchaus berechtigt hält.
                           als Baurechtszins zusammen mit den Betriebskos-  Im direkten Vergleich zum Eigentum sei aber zu
                           ten verrechnet“, erläutert der Experte.    erkennen, dass ohnehin nichts für die Ewigkeit
                                                                      ist.  „Selbst das klassische  Einfamilienhaus,  das
                           Der Effekt: Bei gleichen  Vorteilen und Sicher-  sich seit Generationen im Familienbesitz befin-
                           heiten wie beim herkömmlichen Eigentum sinkt   det, durchläuft im Regelfall eine Vielzahl an Ge-
                           der Preis erheblich. „Insbesondere in preisinten-  neralsanierungen“, so Kainz. Auch im Geschoss-
                           siven Städten wie Salzburg reden wir von bis zu   wohnbau seien spätestens nach 20 bis 30 Jahren
                           150.000 Euro weniger Kosten für eine Zwei-Zim-  größere Sanierungen Usus. „Die Grundstruktur
                           mer-Wohnung. Das senkt den Eigenmittelbedarf   verändert sich dadurch im Laufe der Jahre stark
                           bei der Finanzierung spürbar.“ Sowohl für Woh-  und die Lebensdauer von Gebäuden ist  erfah-
                           nungen als auch Häuser steigen die Quadratme-  rungsgemäß begrenzt.“
                           terpreise seit Jahren, allen voran in städtischen
         Text   David Bauer
                           Gebieten. Kein Wunder also, dass es gemeinhin   In der Theorie geht mit Ende des Baurechts das
         Foto   Kainz,
           Amir Kaljikovic  als unvernünftig gilt, Grundstücke in Top-Lagen   Bauwerk an den oder die Grundstückseigentü-

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