Page 11 - Herbstausgabe_2022_03
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Text  Valentin Lischka
              Foto   Antje Wolm

                Stefanie Schauer lebt ihren Traum – den Traum vom Unternehmertum. Neben
                einer eigenen Werbeagentur gründete sie 2014 das Softwareunternehmen
                Offisy, das sie trotz einiger Rückschläge mit eisernem Durchhaltevermögen
                zu einem erfolgreichen Unternehmen aufbaute.


            Stefanie Schauer kommt von allen Gründer:innen   darauf beendet sie ihr Angestelltenverhältnis und
            als Erstes bei unserem Fotoshooting- und Inter-  gründet Offisy. „Wenn ich mir etwas in den Kopf
            viewtermin im Designstudio Kühberger & Haas in   setze, wird es voll durchgezogen“, sagt sie.
            Steyr an – in einem VW-Bus mit Offisy-Branding
            und überpünktlich. Die kurze Wartezeit zwischen   Als eines der ersten Startups entwickelt Offisy eine
            Interview und Shooting nutzt sie für E-Mails und   Software, die sich auf Online-Terminbuchungen
            Telefonate mit Kund:innen. Es ist sofort spürbar,   konzentriert – vorerst für Masseur:innen, später
            dass man es hier mit einer Person zu tun hat, die   für Arztpraxen. Schauer findet zwei Co-Founder,
            durch und durch Unternehmerin ist. „Selbststän-  einer davon ist FH-Hagenberg-Absolvent und Pro-
            digkeit bedeutet für mich, dass ich meinen Traum   grammierer, er bringt auch den ersten Mitarbeiter
            jeden Tag aufs Neue leben kann“, sagt Schauer,   mit, der ebenfalls IT-Experte ist. Zwei Jahre dau-
            „für mich gibt es nichts Cooleres, als die eigenen   ert es, bis die Software marktreif ist, dann beginnt
            Ideen umzusetzen und für Herausforderungen Lö-  Schauer mit der Kaltakquise der Kund:innen. „Ich
            sungen zu finden.“                          habe das Telefonbuch aufgeschlagen und poten-
                                                        tielle Kund:innen angerufen“, erinnert sie sich.
            Das erste „Unternehmen“ mit sechs Jahren    Nach dem achten Telefonat gelingt ihr der erste
                                                        Geschäftsabschluss. „Da habe ich mir gedacht, läs-
            Schon seit ihrer frühesten Kindheit ist für Ste-  sig, wenn das so weitergeht, dann habe ich nach
            fanie Schauer, die in einer Unternehmerfami-  100 Telefonaten schon zehn Kund:innen“, sagt sie.
            lie aufwächst, klar, dass sie einmal gründen will.   Tatsächlich wird die Suche in der Anfangszeit aber
            Ihre Eltern sind  damals im Textilgroßhandel.  In   deutlich beschwerlicher – erst nach 120 weiteren
            Freundschaftsbüchern beantwortet sie die Fra-  Anrufen kann sie den nächsten Betrieb überzeu-
            ge nach dem Berufswunsch mit „Schefin“, später   gen.
            mit „Unternehmerin“. Und tatsächlich beginnt sie
            schon mit sechs Jahren, erstmals unternehmerisch   Plötzlich alleine
            tätig zu werden. „Ich habe Blumen und Steine
            verkauft, später war ich mit meiner Schwester ge-  Gerade als die ersten Kund:innen gewonnen wer-
            meinsam total oft auf Flohmärkten, um altes Ge-  den und das Produkt am Markt ist, kommt es zu
            wand oder Spielzeug zu Geld zu machen“, erinnert   einem gewaltigen Rückschlag. Zuerst verlässt der
            sie sich.                                   technische Co-Founder das Unternehmen. Schau-
                                                        er: „Für mich war das ein riesiger Schockmoment,
            Die logische Studienwahl: Wirtschaftswissenschaf-  weil der technische IT-Hintergrund logischer-
            ten mit einer Spezialisierung auf Gründen an der   weise ein wichtiger Bestandteil eines Software-
            JKU. Komplett selbstständig wird sie aber erst   unternehmens ist.“ Auch die zweite Co-Founde-
            einige Jahre später. „Ich habe nach dem Studium   rin geht wenig später. Schauer verliert ihre beiden
            zuerst in einer Bank gearbeitet und dann mitgehol-  Mitgründer:innen  zu  einem  Zeitpunkt,  als  das
            fen, ein Jobportal aufzubauen“, sagt die 39-Jährige,   Unternehmen noch von Förderungen und Geld
            „nebenbei habe ich eine Werbeagentur gegründet.“   abhängig ist, das sie aus der Werbeagentur zieht.
            Von dort stammt auch die Idee für ihr heutiges Un-  „Ich habe mich schon gefragt, wie das alles wei-
            ternehmen, Offisy – sie merkt, dass viele Kund:in-  ter funktionieren kann“, erinnert sie sich. Doch
            nen im medizinischen Dienstleistungsbereich Be-  Schauer lässt sich nicht unterkriegen. „Ich habe
            darf an einem Onlinetool zur Praxisorganisation   als Kind bei meinen Eltern zwei Konkurse mit-
            haben. An den Moment, in dem der Entschluss zur   erlebt, ich weiß, dass man wieder aufstehen kann,
            Gründung fiel, erinnert sich Schauer noch genau.   wenn man fällt – und nicht aufgeben darf“, sagt
            „Es war einer der ersten Frühlingstage 2014, kurz   sie. Auch ihr Mann ist ein wichtiger Rückhalt. „Er
            vor meinem 30. Geburtstag, ich bin frühmorgens   hat mir ziemliche Sicherheit gegeben, ich bin seit
            durch Sonnenstrahlen geweckt worden und fühlte   15 Jahren mit ihm zusammen. Er hat erkannt, dass
            mich, als wäre ich gerade aus einem Winterschlaf   ich als Unternehmerin glücklich bin“, sagt sie. Die
            erwacht“, sagt sie. Ihr wird klar: Jetzt ist der rich-  Gründerin sucht das Gespräch mit ihrem ersten
            tige Zeitpunkt, um selbstständig zu werden. Kurz   Mitarbeiter, den der Co-Founder angeworben


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