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Was muss
man in der
Digitalisierung
können?
Die Welt wird intelligenter, fortschrittlicher und vor allem digitaler. Von der Hyperautomation über
Cloudlösungen und Big Data bis hin zur Künstlichen Intelligenz: Die Liste der transformativen
Gewalt der Digitalisierung ist lang. Dabei ist der Megatrend Ursache und zugleich Symptom des
ständigen Wandels. Beschleunigt durch die großen Krisen unserer Zeit und irgendwo zwischen
Fluch und Segen.
Der wohl beste Beleg für den anhaltenden digita- Wie so oft gilt: Die Mischung macht’s. „Es geht we-
len Wandel: das Aufeinandertreffen und Zusam- niger um Kompromisse, sondern um strategische
menspiel von Generationen, die zu diesem Thema Entscheidungen. Hierbei spielt regelmäßige Refle-
kaum unterschiedlicher stehen könnten. Auf der xion eine entscheidende Rolle.“ Konkret empfiehlt
einen Seite sehen wir Oma und Opa, die sich für Kayali, individuell zu entscheiden, wo digitale Neue-
das Internet erwärmen und ihren ersten WLAN- rungen Vorteile bringen und wo sie nicht direkt
Router anschaffen. Und auf der anderen Seite deren zweckdienlich sind.
Enkelkinder, die diesen problemlos für sie installie-
ren. Klar, sie sind ja schließlich Digital Natives, also ZWISCHEN CHANCEN UND
Teil der Generation, die bereits in der digitalen Welt HERAUSFORDERUNGEN
aufgewachsen ist. Wir leben in einer Zeit, in der
man gemeinsam mit Eltern am Tisch sitzen kann, Digitalisierung ja, aber nicht um jeden Preis. „Wir
für die ein Fernseher in der Kindheit nicht selbst- wissen aus Studien in der Coronazeit, dass neben
verständlich war. Und mit Kindern, die eine Welt den vielen Vorteilen von Distance Learning leider
ohne die Existenz von Smartphones erst gar nicht auch soziale Ungleichheiten verstärkt werden. Die
erlebt haben. Bildungsschere droht im schlimmsten Fall langfris-
tig noch weiter auseinanderzugehen“, so Kayali über
Was uns dennoch verbindet? „Wir alle fühlen uns die Risiken. Expert:innen unterscheiden hier zwi-
von der Digitalisierung ein Stück weit ‚erwischt‘, schen „Digital Divide“ (= digitaler Kluft) – also der
sei es individuell, beruflich oder politisch. Das löst Ungerechtigkeit beim Zugang zu digitalen Geräten
in vielen das Gefühl aus, nicht den Anschluss ver- wie Laptops oder Tablets – und „New Digital Divi-
lieren zu wollen“, erklärt Fares Kayali, Professor für de“, die sich auf die Ungleichheiten speziell im Um-
Digitalisierung im Bildungsbereich am Zentrum für gang mit Softwares, Geräten und Services bezieht.
Lehrer*innenbildung der Universität Wien. In den
meisten Firmen spüre man jedenfalls einen starken Wie geht man dagegen vor? „Die Herausforderung
Drang zur Digitalisierung. „Legt man den Fokus wird sein, Diversität und Digitalisierung als gemein-
jedoch zu sehr darauf, sämtliche Geschäftsmodelle same Aufgabe zu meistern“, so Kayali. Schließlich
zu digitalisieren, ist die Gefahr groß, dass einiges handle es sich dabei nicht um Schwächen der Di-
auf der Strecke bleibt und etwa Mitarbeiter:innen gitalisierung per se, sondern vorrangig um Proble-
nicht abgeholt werden“, so der Experte. Umgekehrt me gesellschaftlicher Natur. „Die Digitalisierung
Text David Bauer
sei es nicht ratsam, sich dem Thema gegenüber zu kann hier jedoch eine akzentuierende Rolle spielen.
Foto Gettyimages, verschließen. Umso wichtiger ist es, ihre Potentiale so zu nutzen,
Barbara Mair
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