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Afrika ist ein Teil der
       Welt, dem man sich nicht
       verschließen kann.


       WOLFGANG MAYER
       Mitglied der Geschäftsleitung,
       Backaldrin



       überschaubar  gering.“  Warum?  Das   Niederlassungen  zu  etablieren  und   werden. Je mehr Schwarze beschäftigt
       sei  auf  interne  wie  externe  Probleme   geeignete Vertriebspartner zu finden?   werden,  desto  mehr  Punkte  werden
       zurückzuführen,  etwa  Missstände  in   Was  sollte  man  unbedingt  dabei  be-  vergeben und man bekommt besseren
       der öffentlichen Verwaltung, aber auch   achten? „Man sollte zuallererst selbst   Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Der
       auf die gesunkenen Rohstoffpreise von   hinfahren  und  die  Begebenheiten  mit   Ansatz ist sehr positiv, die Umsetzung
       Metall, Eisen und Kohle.           einem Einheimischen erkunden. Afrika   ist aber oft nicht einfach, dieses BEE-
                                          ist unglaublich vielfältig, da braucht es   Rating darf man nicht unterschätzen.“
       Prüfe, wer sich bindet             ein  persönliches  Marktstudium“,  gibt   Unterschätzen darf man auch nicht die
                                          Mayer  wertvolle  Tipps  für  den  Markt-  anders anmutende Arbeitsethik. „Man
       Rund  500  österreichische  Firmen   einstieg.  „In  Ägypten  sind  Firmen  er-  muss  mit  einer  deutlich  geringeren
       machen  derzeit  in  Afrika  Geschäfte,   folgreich,  die  hervorragende  Partner   Loyalität  zum  Unternehmen  rechnen.
       davon  sind  etwa  200  mit  einer  Nie-  vor  Ort  haben.  Die  sind  ganz  wichtig,   Zudem  gibt  es  viel  Gewalt  in  den  Be-
       derlassung  am  Markt.  „Österreich  ist   darum:  Prüfe,  wer  sich  bindet.  Noch   trieben in Form von gewerkschaftlich
       absolut unterrepräsentiert“, zeigt Wol-  dazu,  wo  viele  Partnerverträge  sehr   initiierten  Aufständen,  eine  Form  von
       ler das Potential auf. Südafrika bildet   stark das Recht des lokalen Partners   Gewalt, wie wir sie in Europa gar nicht
       in dieser Hinsicht die Ausnahme, hier   verteidigen  und  weniger  das  des  ös-  kennen“, berichtet Kühner aus seinem
       konzentriert sich der Anteil der öster-  terreichischen  Exporteurs“,  so  der   Erfahrungsfundus.  Andere  Erfahrun-
       reichischen Firmen am stärksten: „In   Nordafrika-Experte  Woller.  „Westafri-  gen  in  dieser  Hinsicht  hat  Mayer  von
       Südafrika sind rund 50 österreichische   ka  ist  kein  Hit-and-Run-Market.  Wie   Backaldrin  gemacht,  der  nicht  mit
       Unternehmen  mit  Niederlassungen   lange  man  wirklich  braucht,  um  Fuß   Gewalt,  jedoch  mit  infrastrukturellen
       ansässig“, so Brunner. Die Möglichkei-  zu  fassen,  hängt  auch  vom  Produkt   Hindernissen zu kämpfen hatte: „Man
       ten, gute Exportzahlen zu erzielen, sei-  ab.  Das  kann  von  sechs  Monaten  bis   muss  die  alltäglichen  Sachen  sorg-
       en nicht enden wollend. „Das Potential   zu drei Jahren dauern. In Nigeria bei-  fältig  einkalkulieren.  Oft  gibt  es  we-
       in  Afrika  ist  aufgrund  der  demografi-  spielsweise  kommt  es  darauf  an,  ob   der Zug noch Autobahn, sondern eine
       schen Entwicklung sehr groß. Bis 2050   du  mit  öffentlichen  Stellen  oder  Pri-  einzige Sandstraße. Und wenn ein Re-
       soll  sich  die  Bevölkerung  verdoppeln,   vatkunden  Geschäfte  machst,  denn   genschwall kommt, dann ist die Straße
       das  bedeutet  eine  enorme  Erhöhung   die Korruption ist ein großes Problem“,   eben nicht passierbar.“ Auch die Kom-
       der  Nachfrage.  In  Ägypten  wäre  das   sagt  Hengstler.  Ganz  wichtig  sei  es,   munikation  gestalte  sich  anders  als
       der Infrastrukturbereich, der pharma-  Firmenregistrierungen  und  Bonitäts-  bei  uns,  so  Hengstler:  „Es  ist  üblich,
       zeutische  und  medizinische  Bereich.   auskünfte vor dem Vertragsabschluss   dass  man  per  SMS,  WhatsApp  oder
      „Wenn  ich  bei  92  Millionen  Einwohner   zu  prüfen.  Das  sei  auch  in  Südafrika   Facebook-Messages  mit  öffentlichen
       nur  zehn  Prozent  als  Mittelschicht  ti-  nötig, so Brunner: „Es beginnt mit den   Stellen kommuniziert. Bei uns sind das
       tuliere,  eröffnet  sich  ein  potentieller   bereits  beschriebenen  Hausübungen:   nicht  unbedingt  seriöse  Geschäftska-
       Konsumgütermarkt,  der  so  groß  ist   der  Marktauswahl  und  der  Auswahl   näle.“ Einer der größten Unterschiede
       wie  Österreich“,  sagt  Woller.  In  West-  des richtigen Vertriebspartners.“  ist die sehr einladende Art, so Woller:
       afrika  liegt  der  Schwerpunkt  auf  der                            „Sie  haben  eine  Perfektion  entwickelt,
       Bauindustrie,  erklärt  Hengstler:  „Im   Zu schön, um                sich  zu  präsentieren,  zudem  ist  man
       Privatsektor  wird  viel  gebaut,  da  se-  wahr zu sein?             extrem zuvorkommend. Kaum ist man
       hen  wir  Chancen  für  Baumaschinen,                                 dort, wird man schon zum Abendessen
       Baumaterialien,  für  jede  Art  von  Zu-  Welche  kulturellen  Eigenheiten  gilt   eingeladen.  Man  muss  das  aber  als
       lieferbetrieben. Aber ebenso Konsum-  es  zu  beachten?  Westafrika-Expertin   Teil  des  Ganzen  sehen  und  trotzdem
       güter,  auch  medizinische  Produkte   Hengstler  räumt  mit  ein  paar  ver-  seine  Hausaufgaben  machen.“  Denn,
       und erneuerbare Energien werden ein   meintlichen  Stereotypen  auf:  „Natür-  so  bestätigt  auch  Hengstler:  „Es  gibt
       Thema.“  In  Südafrika  reichen  die  Po-  lich  ist  jede  Kultur  anders.  Zwischen   viele  Betrugsanfragen.  Man  möchte
       tentiale von der Infrastruktur über die   Tirolern  und  Wienern  bestehen  aber   meinen, das erkennt man sofort. Dabei
       Energieversorgung bis hin zur Wasser-  auch Unterschiede. Im Endeffekt sind   ist das wirklich oft nicht der Fall. ‚If it
       versorgung,  wie  Brunner  informiert:   uns die Afrikaner nicht so fremd.“ Eine   looks too good to be true’, dann ist es
      „Die größten Chancen sind nach wie vor   Herausforderung  sei  das  sogenann-  meistens nicht wahr. Man sollte nicht
       in Südafrika, trotz des niedrigen Wirt-  te  Black  Economic  Empowerment   jedem  alles  glauben,  der  sagt,  sein
       schaftswachstums.  Die  Infrastruktur   Program,  so  Kühner  von  der  Greiner   Onkel sei ein Prinz oder mit dem Pre-
       hat  nach  wie  vor  Zukunftspotential,   Gruppe:  „Dabei  soll  für  den  schwar-  mierminister  verwandt.  Das  stimmt
       ebenso  die  Energie-  und  Wasserver-  zen Bevölkerungsanteil ein verbesser-  meistens  nicht  so  ganz.  Das  sind  die
       sorgung.“ Wie lange braucht man, um   ter Zugang zur Wirtschaft geschaffen   Klassiker.“_


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