Page 9 - DIE MACHER_Winter_2023
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Der Großteil der Wissenschaft ist sich einig: Wenn wir jetzt nicht alles daran setzen, die
Klimaziele zu erreichen, kommt es zu einem heftigen Aufprall – den wir, aber vor allem
unsere Nachfahren schon bald massiv zu spüren bekommen werden. Höchste Zeit also,
um zu wenden. Aber wie? Und wie kann ein Industrieland wie Österreich gleichzeitig
konkurrenzfähig produzieren und wesentlich zum Klimaschutz beitragen? Antworten
darauf suchen wir in Haag in Niederösterreich. Dort führt Karl Ochsner
in fünfter Generation das Unternehmen Ochsner Wärmepumpen.
Und möchte alle dazu motivieren, ihren Beitrag zu leisten.
Ein kleines Zukunftsszenario
Die US-Klimabehörde NOAA hat soeben verkün- wusstsein für die Zukunft des Planeten ist tief in
det, dass 2023 tatsächlich das wärmste Jahr seit mir verankert“, erzählt Ochsner. Ach ja, eh klar,
Beginn der Aufzeichnungen vor 174 Jahren ist. als Wärmepumpenhersteller pro tiert er ja davon.
Zeitgleich bittet der neue Präsident der Industriel- Könnte man sofort meinen. Und meinen auch vie-
lenvereinigung Niederösterreich, Karl Ochsner, eine le. „Natürlich bin ich dankbar, dass ich ein Unter-
kleine Gruppe junger Klimaaktivist:innen zu einem nehmen leiten darf, das ein Produkt herstellt, das
Gespräch in seinem Büro in Haag. einen wesentlichen Beitrag zur dringend nötigen
Klimawende leistet.“ Fakt sei, so Ochsner weiter:
Die Blicke der Klimakleber:innen sind skeptisch. „Es gibt keine Energiewende ohne Wärmewende
Doch als Karl Ochsner zu reden beginnt, fangen und es kann keine Wärmewende ohne Wärmepum-
sie nach und nach an, anstatt an den Straßen an pe geben.“ Über 2,5 Millionen Tonnen CO 2-Aus-
seinen Lippen zu kleben. „Ich verstehe euch. Weil stoß konnte er mit seinen Kund:innen in den letz-
ich den Frust verstehe, den ihr auf die jetzige Gene- ten Jahren einsparen, so steht es auf seiner Website.
ration habt, die am Entscheidungshebel sitzt und
teilweise schläft oder gelähmt scheint bei Dingen,
die eure Zukunft betre en. Und da sind Demons- Klimawende mit Hausverstand
trieren und Aufzeigen völlig legitime Mittel, die
Sinn machen. Solange es konstruktiv bleibt und Sein Engagement für den Umweltschutz sei aber
in gewisser Form verständlich und sympathisch. nicht auf seinen Geschäftssinn zurückzuführen.
Warum? Weil wir darauf angewiesen sind, dass die „Mein Umweltbewusstsein – im Sinne davon, mich
gesamte Bevölkerung den Kampf gegen den Kli- wirklich dafür einzusetzen – ist in den letzten 20
mawandel trägt. Doch wenn die Stimmung in der Jahren gereift. Naturverbunden und ein Tierfreund
Bevölkerung kippt; wenn das Verständnis schwin- war ich aber immer schon – das liegt sicher auch
det, weil es regelmäßig Straßensperren gibt und daran, dass meine Mutter Kärntnerin und auf einem
den Steuerzahler:innen hohe Kosten entstehen, Bauernhof aufgewachsen ist.“ Dass die Akzeptanz
weil die Exekutive eingreifen muss; wenn das ein von Klimaschutz aktuell bei vielen Menschen nicht
Dauerbrenner im negativen Sinn wird – dann errei- unendlich hoch ist, bestärke ihn noch mehr darin,
chen wir das Gegenteil von dem, was wir eigentlich sich dafür einzusetzen. „Auf der einen Seite haben
erreichen möchten. Wenn die Mehrheit der Ge- wir eine wirtschaftlich angespannte Situation, wo
sellschaft nicht mitmacht, dann leidet die gesamte die Leute sich natürlich vor allem einmal auf sich
Klimaschutzbewegung. Lasst uns gemeinsam dafür selbst konzentrieren müssen. Und auf der anderen
kämpfen – auf eine konstruktive Art und Weise.“ Seite das Phänomen der Klimakleber:innen, das
meiner Meinung nach mehr Schaden als Nutzen an-
Zurück in die Gegenwart richtet.“ Denn Klimaschutz könne nur gemeinsam
funktionieren – mit der Akzeptanz der Gesellschaft
und der Wirtschaft. Er plädiert für eine „Klimawen-
Die Wahl zum neuen Präsidenten der Industriellen- de mit Hausverstand“.
vereinigung Niederösterreich ndet erst ein paar
Stunden nach unserem Redaktionsschluss am 21. Tupac winselt, er will zur Tür. „Tupac, geh Platz!
November statt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Karl Jetzt ist es aber genug!“ Der Hund folgt brav,
Ochsner tatsächlich gewählt wird, ist aber überaus setzt dabei aber einen demonstrativ beleidigten
groß („Industriepolitik liegt mir am Herzen, dafür Blick auf. Er hat sich wohl in unsere Fotogra n
setze ich mich gerne ein“, sagt er). Im Raum ist kei- schockverliebt – die ist aber schon zur Tür hin-
ne Gruppe von Klimaaktivist:innen, sondern ledig- aus, um die Fotolocation zu sichten. Dass er ihr
lich Tupac. Das ist Karl Ochsners Hund, ein Rho- bald wieder begegnen wird – nämlich, um vor
desian Ridgeback. ihrer Linse zu stehen – weiß er in dem Moment
noch nicht. Das Interview, das sein Herrchen
Dass der Unternehmer eines Tages das Gespräch nun gibt, scheint ihn aber zu beruhigen, er schläft
mit Klimakleber:innen sucht, ist eigentlich gar ein. Unseren Leser:innen soll es selbstverständ- Text Susanna Winkelhofer
nicht so weit hergeholt. „Das Verantwortungsbe- lich anders gehen – es soll vielmehr aufwecken. Foto Antjje Wolm
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