Page 109 - 2023_03_DIEMACHER

Don’t call it

„Hotel“!

Sondern Labor, Biotop oder Vollholz-
TinyHouse-Resort – am Salzburger
Mattsee duftet „Das Seehäuser“
nach Natur, Holz und maximalem
Minimalismus. Inhaber Norbert
Kraihamer teilt seine Vision über ein
Projekt, mit dem er den Perfektionismus
einfach in den Urlaub schickt.

„Wir sind auf dem Holzweg, weil das genau der „Labor“, wie es der Kreativkopf so liebevoll
richtige ist.“ Mit einem Augenzwinkern begrüßt nennt. „Wir experimentieren mit der Qualität
uns Norbert Kraihamer bei strahlendem Sonnen- der Einfachheit.“ Hochwertig gebaut, winterfest
schein auf einem breiten Holzsteg am Ufer des und mit allen Vorzügen ausgestattet, die die Re-
Mattsees. Wortspiele wie diese bereiten ihm sicht- gion und die umliegende Natur zu bieten haben.
lich Freude. Denn was er damit eigentlich meint, Das Strandbad ist hierfür das beste Beispiel. „Ei-
ist das rund um das Strandbad herumliegende nem örtlichen Bootsbauer haben wir ein Elektro-
Areal, auf dem seit diesem Herbst rund 40 Tiny- boot und eine Segelyacht mit Schlafkajüte zu
houses zum Verweilen einladen. Und die haben verdanken.“ Das Mastermind in Sonnenbrille
es in sich. Um genau zu sein: österreichisches und Flipflops deutet mit einer schwungvollen
Fichtenholz und Holzfaserdämmungen. Egal ob Geste über den See auf das gegenüberliegende
Tinyhouse, -loft oder -villa, das heimische Unter- Städtchen. „Mit einer elektrischen Holzzille ist
nehmen Wood_Space produziert die Blockhaus- zudem das Ortszentrum simpel und lautlos fürs
gebäude zu 100 Prozent in Österreich. „Das gilt Essengehen, Einkaufen und den Kulturgenuss zu
auch für die einzigartigen Baumhäuser, die als erreichen.“
Rückzugsort in luftiger Höhe vom Alltagschaos
entkoppeln.“ Vom individuell buchbaren Private Spa mit Sau-
nas und Moor-Wasserbecken bis hin zum Pick-
Eine schnulzige Story darüber, dass es sich hier- nick am Wasser unter einem Riesensonnenschirm
bei um einen Kindheitstraum handle, der endlich ist für alle Jahreszeiten etwas dabei. Apropos: Wer
in Erfüllung geht, erspart uns Norbert aus gutem gerne auf frische und regionale Produkte zurück-
Grund. „Eigentlich war es Fremdverschulden.“ greift, bedient sich einfach in der hauseigenen
Bei dieser Erkenntnis und dem Gedanken an die Greißlerei. Grummelt der Magen hingegen etwas
Entstehungsgeschichte muss er selbst ein wenig anspruchsvoller, ist man beim „Der Ess-Wagen“
schmunzeln. „Früher gab es hier einen Camping- an der richtigen Adresse: „ein voll ausgestatteter
platz, dessen Zustand aber über die Jahre immer Küchenanhänger – quasi die Tiny-Version einer
schlechter und der Betrieb in neuer Generation Haubenküche.“ Norbert blickt zufrieden auf das
eingestellt wurde.“ Generell seien die Möglichkei- Wohlfühlprojekt, das er mit vielen helfenden
ten, in der Region zu übernachten, stark zurück- Händen auf die Beine gestellt hat. Die gesamte
gegangen – die Zahl der Betten ist von mehreren Wertschöpfung findet in der direkten Nachbar-
Tausenden auf wenige Hunderte gesunken. „Für schaft statt. „Selbst die Buchhaltung, Steuerbera-
ein Gebiet in der Salzburger Natur mit drei Seen tung und weitere Dienstleistungen beziehen wir
ist das lächerlich.“ Angesichts dieser Entwicklung aus unmittelbarer Nähe.“
meldet sich schließlich der Bürgermeister der Ge-
meinde bei ihm: „Du machst doch was mit Holz- „Nachhaltigkeit ist ein grausliches Wort“
häusern …“
Nein, wir haben uns nicht verhört. „Es soll-
Laborkittel statt Pagenkleidung te längst selbstverständlich sein, dass man nur
noch Dinge ins Leben ruft, die auch in der Welt
Es sollen keine neuen Wohnungen entstehen, von morgen eine Daseinsberechtigung haben.
sondern ein Hotelkonzept, das den Tourismus Nachhaltiges Handeln ist in meinen Augen eine
ankurbelt und Wertschöpfung in die Region Grundvoraussetzung. Kein Schlagwort, kei-
bringt. „Zwar bin ich ein wahnsinnig guter Gast, ne Auflage, die man zu erfüllen hat.“ Die klei-
aber weder gelernter Gastronom noch Hotelier. nen „Green Houses“ sind daher recyclebar und
Aber als waschechter Mattseer das Ganze hier kommen dank Schraubfundamenten ohne Beto-
auf 8.500 Quadratmetern angehen zu dürfen, nierung aus, machen also Bodenversiegelungen
hat mich überzeugt. Wie oft bekommst du schon überflüssig. „Und du merkst total, dass sich die
so eine Möglichkeit?“ Entstanden ist daraus ein Leute damit leichter tun. Weil sie das schöne

109