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„Wir müssen vom Krisen- in
den Zukunftsmodus schalten!“
… aber wie?
Genau diese Frage stellen wir Joachim Haindl- Ein solides Fundament
Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenver-
einigung Oberösterreich. Die Kurzform seiner Erste bisherige Impulse sind ein Schritt in die
Antwort: „Wir müssen die richtigen Rahmenbe- richtige Richtung, etwa die Abschaffung der kal-
dingungen schaffen, um den Standort Österreich ten Progression hält Haindl-Grutsch für einen
nach vorne zu bringen.“ Und die ausführliche Va- echten Meilenstein, dem aufgrund der aktuellen
riante? Diese stützt sich auf vier konkrete Säulen Turbulenzen zu wenig Aufmerksamkeit beigemes-
für eine erfolgreiche Zukunft: „Erstens: die Twin sen wird. Für all die besonders leistungsbereiten
Transition, also die Kombination aus Energie und Menschen im Land würden bis dato jedoch die
Digitalisierung. Zweitens: den Arbeitskräfteman- falschen Signale gesetzt werden. Ein Beispiel: „Wer
gel bewältigen und die Forschung, etwa durch in Regelpension geht und im Anschluss weiter-
die neue Digitaluni, fördern. Und drittens: eine arbeitet, zahlt noch immer Pensionsversicherung.
langfristige Basis an den Schulen und im MINT- Und Überstunden werden steuerlich nicht be-
Bereich schaffen.“ Abgerundet werde das Ganze günstigt.“ Wer mehr arbeitet, solle also auch mehr
durch die Rückkehr zu einem gesunden, nach- davon profitieren – die Idee ist denkbar einfach.
haltigen Landeshaushalt. Denn selbst Oberöster- „Zudem müssen wir die Digitalisierung vorantrei-
reich, das Wirtschafts- und Industriebundesland ben, wo es nur geht.“ Neue Schlüsseltechnologien
schlechthin, musste in den vergangenen Krisen- zu erforschen, entwickeln und zukunftsweisend
jahren Schulden aufnehmen. „Das war durch die einzusetzen birgt immense Hebelwirkungen. In
Umstände auch richtig, aber es ist kein Geheimnis, Verbindung mit der Automatisierung und Digita-
dass die Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haus- lisierung des Dienstleistungssektors habe man so
halt politisch ein schwieriger Akt ist. Der Druck, das Potential selbst in der Hand, die Zukunft zu
mehr Geld auszugeben, ist schließlich immer da – gestalten, anstatt sie sich von Krisen vorgeben zu
aber auch bei uns müssen wir wieder die Schulden- lassen. „Das ist eine große Aufgabe, die die Bun-
bremse ziehen.“ desregierung noch vor sich hat.“_
Heute an morgen denken
Was den Industrieexperten positiv stimmt, ist der
weichende Pessimismus in den Prognosen. „Im
vergangenen Jahr war lange Zeit unklar, ob wir
den Winter ohne Engpässe in der Energielieferung
überstehen. Diese Sorge war durchaus berechtigt,
aber heute nimmt die Zuversicht spürbar zu und
der Ausblick ist deutlich weniger pessimistisch.“
Einer der Gründe dafür ist die hohe Anpassungsfä-
higkeit der Industrie. Generell gilt: Unternehmen
sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie sich in
ihrer Branche und für ihren Markt wettbewerbsfä-
hig und flexibel aufstellen. „Die Industrie hat den
entscheidenden Vorteil, mit guten Gehältern und
Fachkräften aus dem Ausland dem momentanen
Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.“ Um der Wir müssen die Digitalisierung
Lage Herr zu werden, würde dies dennoch nicht
ausreichen, ist Haindl-Grutsch überzeugt. Wer aus vorantreiben, wo es nur geht.
eigener Kraft vom Krisen- in den Zukunftsmodus
schalten will, müsse wirkungsvolle Anreize setzen, Joachim Haindl-Grutsch
statt staatliche Hilfen aufrechtzuerhalten. Geschäftsführer, Industriellenvereinigung Oberösterreich
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