Page 126 - DIE MACHER_Winterausgabe2022
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Familienunternehmen –



       ein Auslaufmodell?




                                                                      den Erfolg von Familienunternehmen. Diese Un-
                             „Da würden wir widersprechen“,           ternehmen leben nämlich von Transgenerationali-
                              antworten Heiko Kleve und Tobias Köllner   tät, davon also, dass der Übergang von den Alten
                              überzeugt. Für die beiden Soziologen    an die Jungen gelingt“, betont Kleve. Ein Gespräch
                              steht fest: Dank traditioneller Werte,   über das Zukunftsmodell Familienunternehmen.
                              Leidenschaft und ihrer Flexibilität      
                              blicken Familienunternehmen             Vor allem junge Menschen verspüren das
                              vielversprechenden Zukunfts-            Bedürfnis, ihr Berufs- und Privatleben wieder
                              perspektiven entgegen.
                                                                      strikter zu trennen. Sind Familienunternehmen
                                                                      ein Auslaufmodell?
                           Die Jungen kommen, die Alten gehen. Das ist der
                           übliche Lauf der Dinge im (Berufs-)Leben. Trotz-  Tobias Köllner: Gerade die Coronakrise mit Ho-
                           dem beschleicht viele das Gefühl eines brodelnden   meoffice und digitalisierten Formen des mobilen
                           Generationenkonflikts, gar einer Zeitenwende.   Zusammenarbeitens hat die Orte des privaten und
                           Denn mit den Millennials sowie der Gen Z auf   beruflichen Lebens verbunden. Das stellt neue An-
                           der einen und den Babyboomern auf der anderen   sprüche an die Menschen. Was örtlich nicht mehr
                           Seite treffen gefühlt Welten aufeinander. Für Hei-  so strikt getrennt ist, das muss nun zeitlich und
                           ko Kleve, Sozialwissenschaftler und akademischer   sachlich jeweils neu differenziert werden. Fami-
                           Direktor des WIFU, und Tobias Köllner, Sozial-  lienunternehmer:innen kennen diese Herausforde-
                           wissenschaftler und Projektleiter am WIFU, ist das   rung seit jeher und finden immer wieder kreative
                           aber kein Grund zur Sorge.                 Lösungen.
                                                                       
                           Im Gegenteil: Sie sehen darin eine große Chance,   Heiko Kleve: Daher haben sie diesbezüglich sogar
                           Bewährtes zu würdigen und weiterzuführen und   einen gewissen Vorteil. Zudem sind diese Unter-
                           sich zugleich weiterzuentwickeln oder Innovatio-  nehmen stark von nicht-finanziellen  Werten wie
                           nen zu schaffen. Für die Experten ist es gang und   Sinnhaftigkeit des Tuns und Engagement für die
                           gäbe, wenn sich grundverschiedene Generationen   eigenen  leidenschaftlichen  Überzeugungen  ge-
                           in Nachfolgeprozessen begegnen. Beide  Welten   prägt. Purpose, wonach junge Menschen heute in
                           kommen also zusammen und verbinden sich.   der  Berufswelt  streben,  war  und  ist  in  Familien-
                           „Diese Konfrontation von traditioneller und inno-  unternehmen bereits seit jeher Thema. In einigen
        Text   David Bauer
                           vativer Orientierung sowie die konstruktive Bear-  Aspekten  erinnert das vielmehr  an eine Startup-
        Foto   Gettyimages;   beitung dieser sind eine zentrale Voraussetzung für   Kultur und ist daher vollkommen zeitgemäß.
           privat

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