Page 47 - DIE MACHER_Winter_2023
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Die IT-Sicherheitslage
in Österreich
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Jahren die Entstehung einer ganzen Industrie.
Cyberangriffe in Österreich laut einer Die Coronazeit habe die Entwicklung noch zu-
Studie von KPMG und KSÖ um mehr sätzlich beschleunigt. „Die klassische Kriminali-
als 200 Prozent gestiegen. Warum tät wurde weniger, hat sich dann aber ins Netz
steigt diese Zahl an, wer sind die Opfer, verlagert und dort potenziert, weil sich auch die
wer die Täter:innen? Eine Analyse. gesamten geschäftlichen Aktivitäten dorthin ver-
lagert haben“, ergänzt Nino Tlapak, Partner bei
DORDA Rechtsanwälte, der wie Anderl auf IT-
Warum steigt die Zahl der Cyberangriffe Recht spezialisiert ist.
in Österreich so massiv an?
Wer sind die Opfer?
„Cybersecurity war in meiner Anfangszeit ein
kleines Nischenthema, hin und wieder gab es frü- Kurz gesagt: Es kann jeden tre en. Lamprecht:
her den ein oder anderen Virus, wenn man mit „Die Frage ist nicht, ob es mich tri t, sondern
Freund:innen Disketten ausgetauscht hat. Dann wann es mich tri t. Das ist nur eine Frage der
hat man eben seinen PC neu aufgesetzt und das Zeit.“ Natürlich gebe es sogenannte Hitlisten im
war es“, sagt Robert Lamprecht, „in den vergan- Internet mit den bekanntesten Schwachpunkten
genen Jahren hat diese Entwicklung eine gewal- von Unternehmen. „Dort werden IP-Adressen
tige Wendung genommen.“ Lamprecht ist seit mit lukrativen Schwachstellen ausgetauscht,
2004 bei KPMG für die emen Cybersecurity man fordert sich gegenseitig auf, diese auszupro-
und Crisis Management zuständig und begleitet bieren.“ Wie kann man verhindern, auf so eine
Unternehmen bei Security-Transformationspro- Liste zu kommen? „Dabei geht es darum, regel-
jekten und als Krisenmanager bei Cyberangrif- mäßig die Software upzudaten und Sicherheits-
fen. KPMG befragt jährlich gemeinsam mit dem lücken zu schließen, und nicht um irgendwel-
Kompetenzzentrum Sicheres Österreich (KSÖ) che Herkulesaufgaben“, erklärt Lamprecht. Wer
im Rahmen der Studie „Cybersecurity in Öster- Lösegeldforderungen zahlt, macht sich übrigens
reich“ Unternehmen zur IT-Sicherheitslage. Alle oft zusätzlich angreifbar. „In einschlägigen Foren
903 von KPMG befragten Unternehmen erlebten werden auch Informationen über Opfer ausge-
im vergangenen Jahr zumindest eine Phishing-At- tauscht, die bezahlen, das lockt Trittbrettfahrer
tacke, insgesamt stieg die Zahl der gemeldeten an.“
Angri e um mehr als 200 Prozent.
Laut Anderl von DORDA Rechtsanwälte seien
Die Gründe für die Zunahme sind vielfältig. die durchschnittlichen Unternehmen nicht vor-
„Im Vergleich zu anderen kriminellen Feldern bereitet genug auf die aktuelle Lage. „Auch wenn
gibt es bei Ransomware-Angri en kaum Markt- wir eine steigende Awareness sehen, herrscht
eintrittsschranken, ein geringes Risiko, erwischt immer noch der Irrglaube, es könne nur große
zu werden, und keine Konkurrenz, vor der man Unternehmen tre en oder jene, die äußerst sen-
Angst haben muss“, erklärt Lamprecht. Die An- sible Daten haben.“ Besonders angreifbar sind
gri e würden sich „gewaltig lohnen“ – bei zwölf Industrieunternehmen. Tlapak: „Ihre Anlagen
Prozent der erfolgreich angegri enen Unterneh- laufen oftmals mit ganz alten Betriebssystemen,
men belief sich der nanzielle Schaden auf mehr die für Hacker:innen o en wie ein Scheunentor
als eine Million Euro, bei 47 Prozent auf bis zu sind. Gelingt es ihnen, die Produktionslinien
100.000 Euro. „Für KMU, das Rückgrat der zum Stillstand zu bringen, dann bin ich rich-
heimischen Wirtschaft, können solche Summen tig erpressbar.“ Absolute Sicherheit gibt es nie,
existenzbedrohend sein.“ teilweise könne es aber schon helfen, besser als
die meisten anderen geschützt zu sein. „Ich ver- Text Valentin Lischka
Axel Anderl, Managing Partner bei DORDA gleiche das gerne mit einem O ine-Beispiel“, Foto Gettyimages,
Lamprecht: KPMG;
Rechtsanwälte, beobachtete in den vergangenen sagt Anderl, „in einer Reihenhausanlage, wo Anderl: Daniel Novotny
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