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Entweder ein romantisiertes, in dem Hühner über 

Wiesen laufen und Kühe von Bauern gestreichelt 

werden, oder ein skandalträchtiges, mit Landwir-

ten als Tierquäler und Umweltsünder. „Seit wir 

als Verein aktiv sind, gibt es aber weniger Missver-

ständnisse und das Bewusstsein der Konsumenten 

nimmt langsam zu“, sagt Royer. Trotzdem gebe es 

besonders im urbanen Raum nach wie vor viele ne-

gative Vorurteile gegenüber Landwirten. 

FEHLENDE WERTSCHÄTZUNG 
ALS DOMINIERENDES THEMA 

Mit fehlendem Bewusstsein zum Thema Landwirt-

schaft kennt sich auch Siegfried Pöchtrager aus. 

„Ich habe 25 Jahre lang in Wien gelebt und immer 

wieder Kinder an die BOKU eingeladen, die ich ge-

fragt habe, wo die Milch herkomme“, sagt er, „sie 

haben meist nur gesagt, dass Milch eben aus der 

Packung kommt.“ Pöchtrager unterrichtet am Ins-

titut für Marketing und Innovation der Universität 

für Bodenkultur Wien, ist selbst auf einem Bauern-

hof aufgewachsen und arbeitet als Experte am Stra-

tegie-Prozess „Zukunft Landwirtschaft 2030“ von 

Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger mit. „Wenn 

die Konsumenten nicht wissen, wo die Lebens-

mittel herkommen und wie sie produziert werden, 

kann keine Wertschätzung dafür entstehen“, sagt 

Pöchtrager, „deswegen müssen wir ein viel besseres 

Bewusstsein für die Arbeit der Landwirte schaffen.“ 

Diese Sensibilisierung sei auch eines der Ergebnisse 

des Strategieprozesses, die derzeit aber noch nicht 

präsentiert wurden. „Ich arbeite jeden Tag am Auf-

zeigen der großen Bedeutung des Agrarsektors für 

die Gesellschaft, noch wichtiger ist es aber fast, die 

Bauern selbst zu motivieren, den Kontakt und das 

Gespräch mit den Menschen zu suchen“, sagt Hie-

gelsberger. Insgesamt wurde im Rahmen des Strate-

gieprozesses mit mehr als 1.500 Bauern diskutiert. 

Pöchtrager: „Wir haben einen kritischen Dialog in 

verschiedenen Fokusgruppen geführt, unser Ziel 

war es, viel Wissen zu generieren und daraus Ziele 

gemeinsam mit den Bauern abzuleiten für das Jahr 

2030.“ Ein besseres Bewusstsein sei ein wichtiger 

Schritt in die richtige Richtung, Pöchtrager fordert 

ein Neudenken des Bildungssystems. „Es müsste 

schon in der Pflichtschule das Fach Landwirtschaft 

und Ernährung geben, um junge Menschen über 

die Prozesse aufzuklären“, sagt er. Das Ziel: Konsu-

menten sollen das Vertrauen in die Landwirtschaft 

zurückgewinnen. Pöchtrager: „Auch das Ansehen 

der Landwirtschaft ist teilweise verloren gegangen, 

das muss sich wieder ändern.“ 

Das sieht Hannes Royer von „Land schafft Leben“ 

ähnlich. „Ein dominierendes Thema unter Land-

wirten ist die fehlende Wertschätzung der Bran-

che in der Gesellschaft. Man hat teilweise das Ge-

fühl, dass man immer mehr als Klimasünder und 

Tierquäler abgestempelt wird.“ Dabei hätten sich 

die Landwirtschaft dem Diktat der Gesellschaft 

unterworfen, möglichst hochwertige Lebensmit-

tel zu billigsten Preisen zu produzieren. „Dieses 

Spannungsfeld zerreißt viele junge Bauern, eine 

60-Stunden-Woche ist nichts Außergewöhnliches, 

bei der Heuernte sind sogar 90 Stunden normal“, 

sagt der Landwirt. Wenn dann das Einkommens-

niveau am unteren Ende liegt und man sich gleich-

zeitig noch vorwerfen lassen müsse, der Umwelt zu 

schaden und Tiere zu quälen, würde das oft die letz-

te Motivation verschwinden lassen. „Der Druck auf 

Bauern nimmt stetig zu, am besten sollen möglichst 

hochwertige Lebensmittel zu billigsten Preisen pro-

duziert werden.“, sagt Royer. 

„AGRARBRANCHE DARF KEIN 
FEIGENBLATT FÜR HANDEL SEIN“

An dem billigen Preis sind aber nicht nur die Kon-

sumenten schuld. „Die Agrarbranche muss sich 

wieder stärker selbst auf die Beine stellen und darf 

sich nicht als Feigenblatt im Lebensmitteleinzel-

handel benutzen lassen, es darf nicht sein, dass sich 

Lebensmittelhändler egal ob Spar, Billa, Merkur 

oder andere regionale Lebensmittel zu sehr hohen 

Preisen aus Imagegründen ins Regal stellen, die 

Viele Konsumenten 
haben immer noch ein 
völlig falsches Bild der 
Landwirtschaft im Kopf.

Hannes Royer

Landwirt, Gründer Verein  
Land schafft Leben