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Österreichische Landwirte befinden sich in der schwierigen Lage, hochwertige und zugleich
billige Lebensmittel produzieren zu müssen, das Spannungsfeld zwischen hochökologischer
und hochökonomischer Produktion zwingt viele junge und kleine Bauern zum Aufgeben.
Auch die geringe Wertschätzung in der Gesellschaft beklagen viele. Doch es gibt Hoffnung:
Der gegenwärtige Strukturwandel könnte durch stärkere Bewusstseinsbildung
der Konsumenten zumindest gebremst werden.
DIE
EIERLEGENDE
WOLLMILCHSAU
Das Bergbauernhaus von Hannes Royer in Schlad-
ming ist mehr als 800 Jahre alt. Als der damals
21-Jährige den Hof übernimmt, ist er schnell des-
illusioniert. „Selbst mit effizientester Betriebsfüh-
rung war es schwierig, überhaupt eine schwarze
Null zu erreichen“, sagt Royer. Er beschließt, zu-
sätzliche Einnahmequellen zu lukrieren und eröff-
net kurz vor der Ski-WM 2013 in Schladming ei-
nen Bauernladen. „Ich habe dann im ersten Winter
mit Entsetzen festgestellt, dass viele Konsumenten
überhaupt keine Ahnung haben, wie etwas produ-
ziert wird“, erinnert sich der Landwirt, „es ging ih-
nen meist nur um den Preis, über die Hintergründe
und Qualität wussten sie nur sehr wenig bescheid.“
Ihm wird klar: Wenn sich das nicht ändert, dann
hat er keine Chance, seinen Betrieb irgendwann
in die nächste Generation zu bringen. Royer sucht
nach Lösungen und nimmt Kontakt mit den gro-
ßen Supermarktketten auf, um mit ihnen über die
Zukunft der Landwirtschaft zu sprechen. „Ich habe
ihnen meine Eindrücke geschildert“, sagt Royer.
Von den Händlern bekommt er zuerst eine erschre-
ckende Rückmeldung. Royer: „Sie haben mir ge-
sagt, dass es ihnen leidtut, sie aber keine Zukunft
für kleinstrukturierte, bäuerliche Landwirtschaften
wie meine sehen und wohl irgendwann nur mehr
Großbetriebe übrigbleiben würden.“
Tatsächlich geht die derzeitige Entwicklung in
diese Richtung: Jedes Jahr schließen ein Prozent
der landwirtschaftlichen Betriebe für immer, be-
sonders betroffen sind kleine Betriebe. Warum ist
es überhaupt problematisch, wenn kleine Betriebe
zusperren und von großen, industriell geprägten
landwirtschaftlichen Unternehmen ersetzt werden?
„Diese Betriebe können niemals die wichtige sozio-
kulturelle Rolle unserer Familienbetriebe erfüllen.
Das ist keine rein wirtschaftliche Frage, hier spie-
len viele soziale und ökologische Faktoren hinein“,
sagt Oberösterreichs Agrar-Landesrat Max Hie-
gelsberger. Zurück zu Royer: Er gibt nach den vor-
erst entmutigenden Gesprächen nicht auf, lädt die
Händler auf seinen Bauernhof ein und beschließt
nach neuerlichen Gesprächen, den Verein „Land
schafft Leben“ zu gründen, um Konsumenten
über österreichische Lebensmittel aufzuklären –
von der Produktion am Bauernhof über die Ver-
arbeitung bis zum fertigen Produkt im Regal. „Wir
zeigen in unseren Videos neutral, transparent und
ohne zu werten die Landwirtschaft, wie sie sich tat-
sächlich abbildet“, sagt Royer. Die Meinung in der
Gesellschaft zur Landwirtschaft könne diametraler
gar nicht mehr sein. Die meisten Konsumenten
hätten zum Thema Landwirtschaft immer eines
von zwei Bildern im Kopf, die beide falsch sind:
Text Valentin Lischka
Foto Royer: Land schafft
Leben; Pöchtrager:
Photofabian
Illu Gettyimages