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es in erster Linie wichtig, Kontakte zu knüpfen –
in digitaler Form ist das natürlich Gold wert. Am
Ende eines langen Messetages kann man sich kaum
noch erinnern, mit wem man zu Beginn der Messe
gesprochen hat. Unser System ermöglicht es, nach
jedem Gespräch kurz das Ticket zu scannen und
später über das Messeprotokoll genau nachvollzie-
hen zu können, mit wem man sich ausgetauscht
hat. Das ist die digitale Version der Visitenkarte,
wenn man so will – mit dem Vorteil, dass man sich
am Tag nach der Messe nicht hinsetzen und die
Daten mühsam in ein System einpflegen muss“,
kennt Fetz die üblichen Unannehmlichkeiten eines
Messebesuchs.
So weit, so gut – doch dann kam Corona. Ein
herber Schlag für die Veranstaltungsszene. An ein
gewohntes Messevergnügen ist in absehbarer Zeit
nicht zu denken. DMAS schickt seine Mitarbeiter
in Kurzarbeit – ohne Aussicht auf baldige Ände-
rung. „Wir hätten einfach zuhause sitzen und ab-
warten können. Das war uns aber zu wenig. Wir
wollten uns nicht hilflos der Situation ergeben und
haben deshalb in mehreren Zoom-Meetings die
Idee einer Onlinemesse schrittweise konkretisiert“,
erklärt Tückmantel, wie aus der Not eine Tugend
wurde. „Othmar und ich waren von dem Konzept
überzeugt und haben uns dafür entschieden, das
Risiko einzugehen. Wir haben unsere Mitarbeiter
aus der Kurzarbeit zurückgeholt und haben auf
Hochtouren mit der Programmierung begonnen.
Zeitgleich mit dem Start der Programmierung ha-
ben wir unsere Onlinemessen auch schon bewor-
ben.“ Und das Risiko zahlt sich aus! „Wir haben
mit unserem Angebot einen Nerv getroffen. Die
Nachfrage war so groß, dass wir sogar zusätzliche
Leute in unserem Team angestellt haben“, erzählt
Fetz enthusiastisch.
ONLINE
≠ OFFLINE
„Eine der größten Gefahren bei der Digitalisierung
ist, dass man seiner Zeit voraus ist. Unsere Branche
ist dermaßen technikaffin, dass man als Unterneh-
mer schnell auch übersehen kann, in welcher Blase
wir uns eigentlich befinden. Wir sind mit unseren
Gedanken so tief in der Onlinewelt verankert und
realisieren zeitweise nicht so richtig, dass der Rest
der Welt für unsere Konzepte noch gar nicht be-
reit ist. Wenn man da nicht achtsam ist, kann sich
das zu einem großen Problem entwickeln. Wer die
Digitalisierung zu schnell vorantreiben will, wird
die Leute damit nicht abholen und auch mit gu-
ten Geschäftsideen scheitern“, weiß Tückmantel
um die Gefahren der Branchenblindheit. „Dieses
Mal waren wir aber sicher, dass der Zeitpunkt der
richtige ist. Die Coronakrise bringt einen Digitali-
sierungspush mit sich – und das haben wir frühzei-
tig gespürt! Damit wir diese Chance auch nutzen
konnten, mussten wir allerdings sofort handeln
und konnten nicht abwarten, wie sich die Situation
in der Kurzarbeit entwickelt.“ Das Ziel von DMAS
ist es jedoch gar nicht, die Messe im klassischen Stil
zu verdrängen, vielmehr soll die Onlinemesse eine
dauerhafte Ergänzung sein und bis zu dem Zeit-
punkt, wenn sich wieder Menschenmassen an den
Ständen tummeln können, eine Alternative bie-
ten. „Eine Garten- oder eine Hausbaumesse wird
man beispielsweise nicht ersatzlos digitalisieren
können. Was wir aber aktuell sehr häufig machen,
sind digitale Jobmessen. Die Besucher können sich
online umschauen, welche Jobs frei sind, können
einen digitalen Live-Rundgang durch die Firma
machen und haben die Möglichkeit, mit Personal-
verantwortlichen und Mitarbeitern zu sprechen“,
so Fetz. Dabei ist es den DMAS-Inhabern kein
Anliegen, so etwas wie virtuelle Messestände auf-
zubereiten. „Wir bereiten die Inhalte so auf, wie sie
im Web dargestellt werden müssen. Es geht nicht
darum, das Konzept einer Messe stur ins Internet
zu übersetzen, sondern das Konzept an die Um-
gebung anzupassen. Auf einer Messe muss ich von
Aussteller zu Aussteller gehen, bei einer digitalen
Messe klicke ich mich von Inhalt zu Inhalt, kann
kategorisieren und habe die Möglichkeit zu filtern.
Dinge anders und neu zu machen, ist schließlich
auch der Mehrwert, den die Digitalisierung mit
sich bringt“, stellt Tückmantel klar.
Inklusive der beiden Inhaber ist DMAS aktuell ein
Zwölf-Mann-Unternehmen. Beeindruckend ist,
wie schnell die Oberösterreicher von der Schock-
starre in den Wachstumsmodus umschalten konn-
ten. Und noch ist kein Ende in Sicht: Während der
Krise wurden schon zwei neue Programmierer en-
gagiert, drei weitere werden nach wie vor gesucht.
„Wir haben noch einiges im Köcher. Es gibt noch
viele Projekte und Ideen, die schon als Konzept bei
uns in der Schublade herumliegen. Ich sage nur:
digitaler Außendienst“, macht Fetz neugierig auf
die Zukunft. „Aber alles zu seiner Zeit, die Ak-
zeptanz für diesen Digitalisierungsschritt braucht
noch ein wenig. Wir stehen jedenfalls schon in den
Startlöchern.“_