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#2

 „Forschung ist ein Rätsel 

mit mehreren Lösungen“

Zwei Karrierewege, die wohl kaum unterschiedlicher sein könnten. Aber: Bekanntlich führen ja 
alle Wege nach Rom
 – oder eben in die Forschung. Verena Geist hat eine sehr direkte Linie ver-
folgt und wurde 2012 sogar vom damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer mit der höchsten 
Studienauszeichnung des Landes, der „Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae“, geehrt. 
Volkmar Wieser hingegen … Nun ja, sein Weg war nicht weniger erfolgreich, aber sagen wir mal 
so: Er hat es doch ganz anders gemacht. Die beiden Forscher vom Software Competence Cen-
ter Hagenberg (SCCH) plaudern über ihren Werdegang und erklären, was einen guten Forscher 
auszeichnet.

Wie kann man sich den Berufsalltag eines 
Forschers vorstellen? 

GEIST

_Einen Alltag gibt es bei uns eigentlich 

kaum, weil unsere Aufgaben so vielfältig sind. Die 

Themen sind sehr schnelllebig und das Bestehende 

muss immer wieder hinterfragt werden. Ganz all-

gemein gesprochen, besteht der Arbeitsalltag aber 

aus viel Computerarbeit und Kommunikation. 

WIESER

_Dem kann ich mich nur anschließen. 

Man wird immer wieder mit neuen Ideen von 

sehr interessanten Personen konfrontiert oder 

kann eigene Ideen umsetzen. Ein Forscher hat 

also ein sehr dynamisches Umfeld. Wesentliche 

Bestandteile sind eigene Ideen niederschreiben, 

dokumentieren und präsentieren.

Wie würden Sie einem sechsjährigen Kind 
Ihren Beruf beschreiben? 

GEIST

_An uns wenden sich Personen, die neue 

Ideen haben, wie sie Aufgaben in ihrer Firma ein-

facher, besser und schneller erledigen können. 

Daraufhin führen wir Gespräche miteinander, 

denken scharf nach, machen Vorschläge und ver-

suchen gemeinsam, eine Lösung zu finden. Das 

ist eigentlich wie ein ganz kniffliges Rätsel – nur 

mit mehreren Lösungswegen.

WIESER

_Ich würde einen bildlichen Ansatz ver-

suchen: Ich möchte für mein Modell-Segelboot 

ein neues Segel, da mir das aktuelle zu langsam 

ist. Die Segel, die man kaufen kann, machen 

das Boot aber nicht schneller. Nachdem ich aber 

weiß, dass Insekten sehr schnell fliegen können, 

entwickle ich mir mehrere Segel, die unterschied-

lichen Insektenflügeln ähneln. Zum Schluss muss 

ich bei verschiedenen Wetterbedingungen testen, 

welches der Segel am schnellsten ist – und hof-

fentlich ist dieses dann schneller als das bisherige.

Was ist die größte Herausforderung in 
Ihrem täglichen Schaffen?

GEIST

_Aus der Fülle an wissenschaftlichen The-

men auf einem Gebiet das richtige „herauszu-

spüren“, also eine Sensibilität für die aktuellen 

wissenschaftlichen Herausforderungen zu haben.

WIESER

_Unsere Zeit ist von permanentem Wan-

del geprägt. Und wir müssen dabei immer einen 

Schritt voraus sein, das ist wirklich fordernd.

Welches Ihrer aktuellen 
Forschungsprojekte ist das spannendste? 

GEIST

_Das Forschungsprojekt mit dem krypti-

schen Namen KnoP-2D. Wir wollen Wissen aus 

den Köpfen der Menschen in ein Softwaresystem 

übertragen, um dieses Wissen automatisch für spä-

tere Prozesse nutzen zu können. Konkret wollen 

wir das durch die Einführung eines semantischen 

Wissensmanagements mit Prinzipien aus dem 

Geschäftsprozessmanagement umsetzen. Künstli-

che Intelligenz spielt hier eine wesentliche Rolle. 

WIESER

_Wir haben gerade die Bestätigung für 

die Förderung des EU-Projektes Teaming.AI be-

kommen, bei dem das SCCH auch die Koordi-

nation übernehmen wird. Es geht dabei darum, 

den Menschen beim Umgang mit KI-Systemen 

in den Mittelpunkt zu stellen. Das heißt, der 

Mensch soll der Maschine etwas beibringen und 

nicht umgekehrt. Die Vermischung von sozialen 

Aspekten mit intelligenten Technologien wird in 

Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Unser Ziel 

ist es, die Akzeptanz gegenüber solchen Systemen 

zu erhöhen, indem wir zeigen, dass KI den Men-

schen unterstützt und nicht ersetzt.

Frau Geist, Sie beschäftigen sich intensiv 
mit formalen Grundlagen der Modellierung 
von Geschäftsprozessen. Welche 
Verbesserungspotentiale werden bei der 
Modellierung am häufigsten sichtbar?

GEIST

_Bei der Modellierung wird implizites Pro-

zesswissen explizit sichtbar gemacht. Dadurch