84
Talent und Erfolg liegen oft eng beisammen. Jeder kennt sie: die Wunderkinder, die scheinbar
mühelos ausgezeichnete Ergebnisse am laufenden Band abliefern. Doch was unterscheidet sie
von anderen Menschen? Ist es wirklich ihr angeborenes Talent? „Wohl kaum, sie machen einfach
nur das, was sie eben gut können“, weiß Daniel Marwan, CEO des Recruitingunternehmens epunkt.
Überraschenderweise stößt man damit aber an die Grenzen der sozialen Akzeptanz.
IST DAS GEFÜHL MAU,
SAG CIAO!
Text Daniel Schöppl
Foto epunkt
„Menschen sollen gerne zur Arbeit gehen.“ Das
war die Vision von Daniel Marwan, als er vor 20
Jahren seine Personalvermittlungsagentur epunkt
gründete. Die Realität ist jedoch um einiges er-
nüchternder: „Viele Menschen sind nicht glück-
lich mit ihrem Job, weil er nicht ihren Talenten
entspricht. Und dann muss man sich jeden Tag
abmühen“, erzählt Marwan. Nur, steckt über-
haupt in jedem von uns ein kleines Wunderkind?
„Jeder Mensch hat Talente! Aber nicht jeder kennt
sie und selbst wenn man sie kennt, erfordert es
immer noch viel Mut, zu seinen Talenten zu ste-
hen und sich ein Umfeld zu schaffen, in dem man
seine Begabungen ausleben kann.“
STRENG DICH AN, DU FAULPELZ!
Wie bitte? Es benötigt doch nicht viel Mut, ein-
fach das zu tun, worin man gut ist. Doch weit
gefehlt! Denn im Laufe der Zeit haben wir an-
dere Verhaltensweisen institutionalisiert: „Unser
Schul- und Ausbildungssystem ist sehr stark da-
rauf fokussiert, Schwächen auszumerzen. Es gibt
natürlich gewisse Grundkenntnisse, die man in
der Ausbildung nicht vernachlässigen darf. Aber
wenn ein Schüler in Mathematik schlecht und
in Englisch gut ist, bekommt er eher in Mathe-
matik eine Nachhilfe als in Englisch eine Förde-
rung. Und darüber sollte man durchaus einmal
nachdenken“, so Marwan. „Als ich mein Unter-
nehmen gegründet habe, war ich am Anfang ganz
alleine und musste alles selbst machen – auch die
Sachen, die ich nicht gut kann. Und das war total
mühsam. Je mehr sich das Unternehmen weiter-
entwickelt hat, desto stärker konnte ich in die
Rolle finden, in der meine Talente liegen.“
Und das ist nicht einfach, denn in der Jugend
werden meist andere Werte anerzogen: „Jeder
kennt diese klassischen Sprüche wie ‚Du kannst
dir nicht nur die Rosinen aus dem Kuchen pi-
cken‘, ‚Das musst du machen, das gehört einfach
dazu‘ oder ‚Gehe nicht immer den einfachen
Weg‘. Der Idealfall, also nur das zu tun, was man
gut und gerne macht, ist meistens sozial gar nicht
erwünscht. Und den Mut aufzubringen, sich sein
Man muss sich zutrauen,
jemandem etwas zuzutrauen.
Daniel Marwan
CEO, epunkt