76

HIERSCHE

_Andi, als Schieds- 

richter [Anm.: Andreas 

Rothmann ist auch Bundes-

liga-Schiedsrichterassistent] 

kannst du mit Pfeife, Fahne 

und ohne viele Worte Tatsa-

chenentscheidungen gegen 

die Mehrheit der Personen 

auf und neben dem Feld 

treffen. Wären diese Uten-

silien wie auch rote und 

gelbe Karten im Büroalltag 

manchmal ganz nützlich?

ROTHMANN

_Alex, wie vie-

le Anwälte kennst du, die eine Entscheidung, die 

sie für unrichtig halten, ohne viele Worte akzep-

tieren würden? Und wer verhandelt nach einem 

„Spielabbruch“ am grünen Tisch? (lacht)

… WIR SCHON DAS JAHR 2021 
SCHREIBEN WÜRDEN – WIE WÜRDEN SIE 
AUF 2020 ZURÜCKBLICKEN? WAS HAT 
SICH SEITHER VERÄNDERT?

ROTHMANN

_Als Unternehmen werden wir 

wahrscheinlich eine starke Veränderung durch-

laufen haben. Kommunikationsprozesse, die oft 

sehr informell erfolgt sind, laufen nun planmä-

ßiger ab, regelmäßiger und besser vorbereitet, 

also effizienter. Homeoffice wurde unter gewissen 

Rahmenbedingungen zur Regel. Diesbezügliche 

Vorbehalte konnten abgebaut werden. Bespre-

chungen finden häufiger mittels Videokonferenz 

statt, selbst in großen Runden durchaus diszipli-

niert. Die Leute haben eine Routine im Umgang 

mit diesem Medium entwickelt. Hoffentlich wer-

den wir auch einen Ersatz für das gelegentliche 

Feierabendbier gefunden haben.

… WIR IHRE GEDANKEN LESEN 
KÖNNTEN – WELCHE GEDANKEN 
DOMINIERTEN SEIT MITTE MÄRZ IN 
IHREM KOPF?

ROTHMANN

_Hoffentlich kommen wir alle mög-

lichst unbeschadet da durch. Und: Welchen Bei-

trag können wir dafür leisten?

… SICH DIESE GLOBALE KRISE 
WIEDERHOLEN WÜRDE? WAS HÄTTEN 
SIE ALS ANWALT DARAUS GELERNT? 
WAS WÜRDEN SIE UNTERNEHMEN 
RATEN, UM SICH FÜR SOLCHE KRISEN 
ZU RÜSTEN?

HIERSCHE

_Ich glaube, dass man sich nicht ge-

gen alles rüsten kann. Nicht jedes Risiko lässt sich 

ausschließen und nicht jeder Betrieb ist beliebig 

wandelbar. Was wir aber gesehen haben, ist, dass 

viele Unternehmen im Rahmen ihrer Möglich-

keiten sehr schnell auf die geänderten Rahmen-

bedingungen reagiert haben. Auch wir als An-

waltskanzlei haben umgehend versucht, uns in 

die Lage unserer Mandanten zu versetzen und zu 

antizipieren, in welchen Bereichen der Beratungs-

bedarf am größten sein würde, um dort auch pro-

aktiv zu informieren oder zumindest rasch ant-

worten zu können. 

… ES KEIN CORONAVIRUS GÄBE – 
WIE WÜRDEN SIE DANN HEUER DEN 
SOMMER VERBRINGEN?

 

ROTHMANN

_Da wir eine kleine Tochter mit 

knapp zwei Jahren haben, würde ich diesen mit 

meiner Familie am „Hausmeisterstrand“ von Je-

solo in einem wunderschönen Apartementhotel 

verbringen.

HIERSCHE

_Wir hatten für Juni einen Familien-

urlaub zum 60er meiner Mutter in Österreich ge-

plant. Ansonsten stand ein Italienaufenthalt im 

Raum. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

… KÜNSTLICHE INTELLIGENZ DAS 
KOMPLETTE RECRUITING ÜBERNEHMEN 
WÜRDE?

ROTHMANN

_Ich sehe die Sache ähnlich wie im 

juristischen Bereich. Auch hier können digitale 

Tools eine wertvolle Hilfe vor allem in der Vor-

auswahl bieten, um Entscheidungsprozesse zu 

objektivieren und zu verbessern. Letztlich kommt 

es im Recruiting wie auch im laufenden Betrieb 

aber auf Zwischenmenschliches an, auf emotiona-

le Qualitäten. Das Recruiting läuft bei uns nicht 

mechanisch über Formeln. Wir suchen Personen, 

die lernen und mitgestalten wollen, die sowohl 

unseren Mandanten als auch unserem Unterneh-

men helfen möchten, in jeder Hinsicht noch bes-

ser zu werden. Es ist schwierig, diese Eigenschaft 

an Dingen festzumachen, die Bewerber üblicher-

weise in ihre Bewerbungen schreiben würden.

… SIE SICH HEUTE BEI EINEM 
UNTERNEHMEN BEWERBEN 
WÜRDEN – WIE WÜRDE SICH DAS 
BEWERBUNGSVERFAHREN VON IHRER 
ERSTEN BEWERBUNG UNTERSCHEIDEN? 

ROTHMANN

_Klassische Bewerbungen wie da-

mals gibt es heute praktisch nicht mehr. Meine 

erste richtige Bewerbung, abgesehen von Prakti-

kumsstellen, war so im Jahr 2004. Mit der Post 

versendete ich eine richtig schöne Bewerbungs-

mappe. Automatisierte und datenbankbasierte 

Bewerbungspages gab es noch nicht. Auch Social-

Media-Plattformen wie LinkedIn oder Xing wa-

ren noch kein Thema, ganz abgesehen von Daten-

schutzrichtlinien und Bewerbungsvideos auf der 

einen oder Unternehmensvideos auf der anderen 

Seite, die schon vorab wesentliche Informationen 

bieten können. Der größte Unterschied aus mei-