64
ZEIT
geschichte
Seit 1960 entwickelte sich Hasenöhrl von einem kleinen Fuhrwerk zu einer
vielseitigen Unternehmensgruppe für Bau, Abfall, Rohstoff und Transport.
Das Familienunternehmen entstand auf einem Bauernhof – auch heute ist mit
nachhaltigem Wirtschaften und der Weitergabe von Generation zu Generation
landwirtschaftliches Grunddenken in der DNA des Betriebs verankert.
VON DER
SCHOTTER
GRUBE ZUR
UNTERNEHMENS
GRUPPE
Text Valentin Lischka
Foto Mario Riener
60 Jahre ist es mittlerweile her, seit die heutige
Unternehmensgruppe Hasenöhrl gegründet wur-
de. Otto Hasenöhrl beschließt damals, dass er
nicht wie seine Eltern Landwirt werden will – er
erweitert den Bauernhof der Eltern in Enns um
einen LKW. „Damals war nach dem Krieg alles
immer noch in der Aufbauzeit, mein Vater hat
sich eingebildet, in der Bauwirtschaft tätig und
ein Teil dieser Phase zu werden“, erinnert sich
Karl Hasenöhrl, heutiger Geschäftsführer von
Hasenöhrl. Die eigentliche Erfolgsgeschichte
und damit der schnelle Aufstieg des Unterneh-
mens beginnt aber erst zwei Jahre später, als Otto
Hasenöhrl seine Frau heiratet. Der Schwiegerva-
ter in St. Pantaleon unterbreitet ihm einen Vor-
schlag – er weiß, wie kieshaltig seine Felder sind,
mit denen er immer wieder schlechte Ernten ein-
fährt. „Er hat meinem Vater empfohlen, dort eine
Kiesgrube anzulegen“, sagt Karl Hasenöhrl. Der
Rohstoff ist damals Mangelware: Im Mühlviertel
gibt es keinen Schotter, überall werden Straßen
und Güterwege gebaut, der Bedarf ist riesig. Otto
Hasenöhrl setzt alles auf eine Karte und gibt ein
Kieswerk in Auftrag. Ein junger Schmied aus dem
Ort, der normalerweise nur Pferdefuhrwerke be-
schlägt, schweißt eine erste Schottersiebanlage
zusammen.
GELDKOFFER VON
LUDWIG SCHARINGER
Bald darauf folgt eine erste industrielle Anlage
um fünf Millionen Schilling, die vom Unterneh-
men Binder – heute bekannt unter „Binder &
Co“ – gebaut wird. „Fünf Millionen Schilling war
damals ein unvorstellbarer Betrag, Geld hat man
damals als Landwirt nur bekommen, wenn man
Hof und Grund als Sicherheiten geboten hat“,
sagt Karl Hasenöhrl. Die Ängste vor einem Schei-
tern seien gerade in der Anfangszeit groß gewe-
sen. Hasenöhrl: „Mein Vater hatte Angst, dass er
Haus und Hof verliert, konnte nächtelang nicht
schlafen. Die damaligen Pioniere waren extrem
mutig.“ Einmal kommt der spätere Generaldirek-
tor der Raiffeisenbank, Ludwig Scharinger, mit
einem Geldkoffer auf den Hof – zu der Zeit noch
als einfacher Bankmitarbeiter. „Damals war diese
Form der Geldübergabe bei Krediten noch völlig
normal“, erinnert sich Hasenöhrl und schmun-
zelt. Das Risiko macht sich bezahlt, schon bald
stehen bis zu 50 LKW Schlange vor dem Werk,
um mit Schotter beladen zu werden. Damals gab
es nur einen einzigen Belader. Auch das sei mitt-
lerweile unvorstellbar – bei so langen Wartezeiten
kommt ein LKW heutzutage genau einmal.
FAMILIE = FIRMA
Am Bauernhof der Familie richten sich die Eltern
ein Büro ein, von wo die Geschäfte gesteuert wer-
den. „Wir sind damals quasi im Homeoffice auf-
gewachsen“, erinnert sich Karls Schwester, Ulrike
Hasenöhrl, „die Eltern waren wirklich Tag und
Nacht im Einsatz und haben daran gearbeitet, das
Unternehmen groß zu machen.“ Eine Trennung
von Beruf und Familie gibt es damals nicht. „Die
Familie war die Firma, das war immer so bei uns,
es wurde von früh bis spät gearbeitet“, sagt Ulri-
ke Hasenöhrl, die operativ im Unternehmen tätig
ist. Ständige Treiber: Leistungswille und die Angst
vor dem Scheitern. „Schon als Kind hatte man
ein schlechtes Gewissen, wenn es gerade nichts zu
tun gab“, erinnert sie sich. Verantwortung wurde
großgeschrieben – für Ulrike Hasenöhrl ist dieses
Verantworungsbewusstsein auch Hauptgrund für
den Erfolg des Unternehmens.