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beln muss, produziert man eben nur das, was man
wirklich haben möchte.“ Im Versuchslabor gelin-
gen diese Experimente bereits, von einer kommer-
ziellen Nutzung des Laborfleisches sind wir aber
noch ein gutes Stück entfernt. „2013 hat die Ös-
terreicherin Hanni Rützler vor laufender Kamera
einen Laborburger gegessen. Wenn man alles zu-
sammenzählt, was da hineingeflossen ist, hat dieser
Burger damals ungefähr 250.000 Euro gekostet.
Mittlerweile sind die Kosten für so einen Burger
bei 500 bis 600 Euro – deutlich weniger, aber na-
türlich immer noch viel zu viel für die kommerziel-
le Nutzung. Die Entwicklungen gehen allerdings
in diese Richtung“, blickt Jochum in die Zukunft.
„Wenn der Fleischverzehr in Asien als Teil des
Wohlstandes definiert wird und die Asiaten auch
so viel Fleisch wie die Europäer und die Ameri-
kaner essen wollen, dann wird man eine gewisse
Menge dieser Nachfrage nur über solche Alternati-
ven decken können. So viele Tiere können wir auf
der Erde gar nicht halten.“
In der Folge erleben wir eine enorme Kommerzia-
lisierung der Landwirtschaft mit schwerwiegenden
Folgen für die Bauern: „Das sind Hightechverfah-
ren. Natürlich benötigt man auch Nährstoffe aus
der Landwirtschaft, wenn man Muskelzellen und
Fleisch im Labor züchtet. Aber dieses Fleisch ist
kein Thema mehr für die klassische Landwirtschaft.
Das ist ein Kapitalthema. Das sind Fonds, die riesi-
ge Milliardenbeträge investieren. Wenn sich dieser
Bereich tatsächlich kommerziell weiterentwickelt
und etabliert, ist das eine massive Konkurrenz für
die flächengebundene, klassische Landwirtschaft.“
AUTARKES ÖSTERREICH?
Zurück in die Gegenwart: Der Selbstversorgungs-
grad in Österreich ist sehr hoch. Betrachtet man
die vorhandenen Lebensmittel, könnte sich das
Land rein theoretisch eigenständig ernähren –
praktisch jedoch nicht. „Und das hat uns Corona
nur punktuell aufgezeigt. Die Versorgungsketten
sind sehr lange und hoch komplex, wodurch sie
sehr vulnerabel sind. Durch die Grenzsperren ha-
ben wir schon bemerkt, dass wir nicht ausreichend
Erntehelfer haben, die für Nachschub in den Su-
permarktregalen sorgen. Was aber in den Medien
total untergegangen ist, war die Problematik mit
den LKW-Fahrern. Die sind zu Beginn der Pande-
mie teilweise überhastet nach Hause gefahren und
haben dann bemerkt, dass sie ohne zweiwöchige
Selbstquarantäne nicht mehr zurückkommen dür-
fen. Das war kurzfristig sehr kritisch. Außerdem
gab es Engpässe beim Verpackungsmaterial. Italien
ist ein großer Kunststoffproduzent und diverse
Teile waren eine Zeit lang behindert. Wir hatten
für den Moment nicht genügend Deckel, um die
verarbeitete Ware abzupacken und auszuliefern.“
In der Selbstversorgungsdebatte gebe es darüber
#
gefragt.
Stefan Kaineder,
Klimaschutz-Landesrat
Oberösterreich
Bedingt durch die Krise ist der Wunsch der Konsumenten nach
regionalen Lebensmitteln stärker geworden. Alles nur ein Hype?
Oder findet tatsächlich ein Veränderungsprozess statt?
KAINEDER_Aus meiner Sicht ist das jetzt ein Trend. Aber es muss das
Ziel der Politik sein, diesen Trend zu verstärken. Ich stehe mit vielen
regionalen Produzenten in Kontakt und die Umsätze sind praktisch
überall sprunghaft angestiegen. Diesen Rückenwind gilt es jetzt zu
nutzen. Bisher musste man immer sehr viel rudern, um im Bereich
der Regionalität etwas zu bewegen. Wenn wir jetzt die Segel richtig
setzen, kann ein nachhaltiger Veränderungsprozess stattfinden.
Welche Rahmenbedingungen sollte die Politik schaffen, um den
Veränderungsprozess zu unterstützen?
KAINEDER_Als Teil der oberösterreichischen Landesregierung kann
ich nur für mein Ressort sprechen. Wir versuchen im Bereich des
Umwelt- und Klimaschutzes unseren Beitrag zu leisten. So haben wir
in Kooperation mit der Bio Austria das Projekt „Appetit auf Zukunft“
ins Leben gerufen. Das Projekt unterstützt und fördert Konsumenten,
Produzenten sowie Gemeinden bei der Gründung lokaler Initiativen
für eine biologische, regionale und saisonale Lebensmittelversorgung.
In Zukunft werden wir dieses Konzept auch auf nachhaltige Anbieter
abseits der Lebensmittelindustrie ausdehnen. Eine weitere gute
Initiative, die wir im Umweltressort unterstützen und finanzieren,
ist die App „Gutes Finden“. Die App ist ein einfaches Hilfsmittel für
Menschen, die sich in Oberösterreich regional versorgen möchten.
Auf „Gutes Finden“ sind ausschließlich Betriebe gelistet, die sich
durch Qualität, Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit auszeichnen.
Es ist wichtig, dass man regionale Versorgung digitalisiert, um sie
einer breiten Öffentlichkeit einfach und unkompliziert zugänglich zu
machen.
Was sollten wir aus der Coronakrise lernen?
KAINEDER_Wenn wir die Maßnahmen, die wir jetzt setzen, immer
mit Blick auf den Klimaschutz setzen, schaffen wir es, zwei Krisen
gleichzeitig zu bekämpfen. Ich wünsche mir, dass wir weg von einer
Industrialisierung, hin zu einer Ökologisierung kommen. Im Bereich
der Agrarförderungen, die großteils aus der EU kommen, braucht
es unbedingt Umschichtungen – weg von der Industrie und hin
zu kleinregionaler, ökologischer Unterstützung der Bauern. Eine
nachhaltige Landwirtschaft produziert kürzere Wege und schont
die Umwelt. Der Klimawandel ist in den Köpfen der Menschen
angekommen und wird sehr ernst genommen. Eine regionale und
nachhaltige Lebensmittelversorgung ist nicht nur für den Klimawandel
gut, sondern hält uns darüber hinaus auch noch gesund.