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Wie aussagekräftig sind teure und große 

Autos? Sind diese noch wichtig?

SCHIRL

_Mit Sicherheit! Ein Auto ist Teil unserer 

Persönlichkeit, es drückt aus, wer wir sind, 

welchen Status wir haben. Stellen Sie sich vor, Sie 

fahren als CEO einer großen Firma ein kleines, 

altes Auto und neben Ihnen parkt die Assistentin 

mit dem fetten SUV. Das passt nicht. Aus der Ver-

kehrspsychologie wissen wir: Wenn ein schwerer, 

großer SUV kommt, weichen kleine Autos aus.

KÜHMAYER

_Ich halte das für ein veraltetes Bild. 

Wir wissen aus Untersuchungen, dass das Auto 

nur noch für etwa ein Viertel der Menschen als 

Statussymbol gilt – und dieser Wert sinkt Jahr für 

Jahr. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz von 

alten Machtdarstellungen verändert sich: Dass sich 

etwa ein Manager für das Titelblatt eines Magazins 

vor seiner Luxus-Dienstlimousine fotografieren 

lässt, ist heutzutage undenkbar geworden. Und aus 

meiner persönlichen Erfahrung mit Vorständen 

von Topunternehmen kann ich nur sagen: Den 

CEO, der seine Bedeutung daran festmacht, ob er 

ein größeres Auto als eine Mitarbeiterin fährt, gibt 

es nicht.

Wie viel Selbstwert kaufe ich 

mir mit einem teuren Auto?

SCHIRL

_Sicher viel! Das heißt aber nicht, dass 

sich jeder, der wenig Selbstwert hat, ein teures 

Auto kauft. Das Auto ist allerdings eines der sicht-

barsten Statussymbole und Prestigeobjekte, die wir 

haben können. Es drückt auch aus, dass ich Sinn 

für Ästhetik habe, dass ich es geschafft habe und 

vor allem, dass ich es mir leisten kann. Ähnliche 

Signale senden Markenkleidung und teure Uhren. 

Nur, das Auto sieht jeder.

KÜHMAYER

_Es ist ein typisches Merkmal reifer 

Märkte, dass Status nicht nur materiell definiert 

ist. Natürlich sind ein hohes Einkommen und die 

damit ermöglichten Anschaffungen weiterhin Aus-

druck sozialen Aufstiegs. Aber was uns wertvoll ist, 

und auch woran andere unsere Stellung erkennen, 

drückt sich zunehmend auch in einer Kategorie 

aus, die man als „Besser statt mehr“ bezeichnen 

könnte. Beim Auto wird beispielsweise die Innova-

tionskraft immer wichtiger: Tolles Infotainment ist 

wichtiger als PS und ein schlaues Elektroauto be-

kommt mehr Aufmerksamkeit als ein fetter SUV. 

Corona scheint der Verkehrswende 

einen Strich durch die Rechnung zu 

machen. Warum ist mir das Auto 

lieber als der Bus? 

SCHIRL

_Mein Auto ist meine verlängerte Identi-

tät. Wörtlich bedeutet Automobil „Selbstbeweger“ 

(griechisch autós = selbst, lateinisch mobilis = be-

weglich, Anm.). Wenn ich ein Auto fahre, das mir 

entspricht, fühle ich mich ganz anders: Wenn ich 

morgens mit den Öffis in die Arbeit fahre, habe 

ich ein ganz anderes Gefühl, als wenn ich in mein 

angenehm temperiertes Auto steigen kann, wo ich 

noch dazu Geruch, Klima, Musik und Fahrtrich-

tung bestimmen kann. Gerade in Zeiten von Co-

rona steigen die Menschen wieder viel lieber in ihr 

Auto statt in Öffis, weil sie sich beschützt fühlen. 

Das Auto ist unsere zweite Haut, unser Kokon, da 

fühlen wir uns sicher.

KÜHMAYER

_Ein kollektiver Schock wie Corona 

steigert kurzfristig das Bedürfnis nach Sicherheit, 

Rückzug, Schutz. Aber wie sich Corona lang-

fristig auf die Mobilität auswirkt, können wir 

erst erahnen. Die intensivste Zeit der Einschrän-

kungen des Lebens liegt ja gerade erst hinter uns. 

Wir haben beispielsweise gesehen, dass einiges 

an Büroarbeit auch gut von zu Hause erledigt 

werden kann, das wird sicher Einfluss auf die 

Arbeitswelt haben und darauf, ob wir uns auch 

künftig wieder täglich ins Büro stauen wollen. 

Und auch wenn er in den letzten Wochen aus 

der Öffentlichkeit verdrängt wurde: Der Klima-

wandel ist nach wie vor unsere größte Herausfor-

derung. Das ist der überwiegenden Mehrheit der 

Bevölkerung auch völlig klar, darum wird es den 

Schritt zurück in die Welt der benzinschlucken-

den Dinosaurier nicht mehr geben. Da sind wir 

schon einen Schritt weiter._