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… und ich sage dir, wer du bist?! Stimmt nicht (ganz)!
Psychologin Christa Schirl meint, das Auto sei unser
„third place to be“ und sage sehr wohl einiges über
uns aus. Zukunftsforscher Franz Kühmayer ist
hingegen der Ansicht, dass hier ein Wertewandel
passiert und groß und teuer zweitrangig sind.
Text Daniela Ullrich
Foto Kühmayer:
Zukunftsinstitut;
Schirl: Peter Baier
Illu Gettyimages
SAG MIR,
WAS DU FÄHRST …
Bei wem spielt das Auto eine
besonders große Rolle?
SCHIRL
_Bei fast jedem, denn wir werden durch
das Auto sozialisiert. Als Baby schlafen wir im
Auto ein, werden später damit in den Kindergar-
ten, dann in die Schule gefahren. Wenn ich am
Land wohne, brauche ich das Auto unbedingt, um
am Leben teilzunehmen und mobil zu sein. In der
Stadt hat das Auto eine etwas andere Bedeutung,
trotzdem bleibt es ein ganz wichtiges Symbol.
Neben Wohnen und Arbeiten ist es der drittwich-
tigste Rückzugsort, der „third place to be“. Und
das wird bei vielen Menschen auch so bleiben.
KÜHMAYER
_In der Trendforschung beobachten
wir eine deutliche Veränderung im Mobilitäts-
verhalten. Ganz besonders stark lässt sich das
im urbanen Bereich und bei jungen Menschen
feststellen: Während es für die heute 40- bis
50-Jährigen noch selbstverständlich war, mit 18
den Führerschein zu machen, legt beispielsweise in
Großstädten wie Berlin nur noch etwa jeder fünfte
Jugendliche die Fahrprüfung in dem Alter ab. Das
hat drei Gründe: Erstens den immer besser ausge-
bauten öffentlichen Verkehr, der die faktische Not-
wendigkeit des Autos in Frage stellt. Zweitens ein
breiter aufgefächertes Nutzerverhalten multimoda-
ler Mobilität – mal Fahrrad, mal Öffis, Fahrdienste
oder Carsharing. Und drittens hat das Auto massiv
seine Rolle als Statussymbol eingebüßt.
Christa Schirl
ist klinische und
Gesundheitspsychologin
mit Praxis für Coaching,
Supervision und
Psychotherapie
in Linz.
Franz Kühmayer
arbeitet als
Trendforscher am
Zukunftsinstitut mit
Sitz in Frankfurt und ist
Experte für die Themen
Zukunft der Arbeit und
Leadership.