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zu schnüren, damit wieder investiert und konsu-
miert werden kann: Steuerliche Anreize, wie eine
Steuerreform oder eine Senkung der Lohnneben-
kosten lassen mehr Geld in der Geldbörse. Diver-
se Technologie- und Investitionsförderungen für
Unternehmen kurbeln die Wirtschaft an. Durch
Deregulierung und Bürokratieabbau können
Projekte schneller umgesetzt werden und alles,
was jetzt die Wirtschaft wieder knebeln würde
und bei den Konsumenten zu Misstrauen führt,
soll verhindert werden: Steuererhöhungen, Spar-
pakete oder etwa Investitionsbehinderungen von
Unternehmen. Jetzt neue Steuern wie etwa Ver-
mögenssteuern einzuführen, wäre fatal. Unsere
wichtigsten Exportländer sind Deutschland, die
USA, Italien und China. Wenn der internationa-
le Personen- und Gütertransport wieder funktio-
niert und die Zuversicht der Menschen wieder da
ist, dann läuft es wieder.
Bereits vor der Coronakrise verlangsamte
sich das Wachsen der Exportwirtschaft
in Oberösterreich. Als Gründe dafür
wurden der Brexit, Handelskonflikte,
Schutzzölle, die Nachwirkungen der
Russlandsanktionen, CO
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-Besteuerung
und die Krise der Automobilbranche
genannt. Wie schätzen Sie die Entwicklung
von Handelsbeschränkungen durch die
Krise ein?
HAINDL-GRUTSCH
_Wir sehen anhand der Coro-
nakrise, wie sehr unsere Wirtschaft global vernetzt
ist und wie stark unser Wohlstand davon abhängt,
dass die Weltregionen zusammenarbeiten. Schon
vor der Coronakrise war klar, dass es Schieflagen
und Ungleichgewichte im internationalen Handel
gibt. Zölle sind von verschiedenen Regionen in
unterschiedlicher Höhe auferlegt worden. Das hat
viel mit der Historie von Regionen und Ländern
zu tun. Heute begegnen wir uns auf Augenhöhe
und deswegen muss man solche Schieflagen be-
seitigen. Es kann nicht sein, dass China wesent-
lich bessere Bedingungen hat als Europa oder die
USA, die noch einmal schlechtere Bedingungen
haben. Diese globalen Ungleichgewichte sind der
Grund für Handelsstreitigkeiten. Deswegen wird
diese Diskussion auch fortgesetzt werden müssen,
weil die Alternativen Abschottung und neue Han-
delsbarrieren wären. Keiner würde das in der Post-
Corona-Phase wollen.
Der Ruf nach mehr regionalen
Produktionsstätten wird immer lauter.
Wird die Krise langfristig zu einer
Deglobalisierung führen? Was würde das
für die Exportwirtschaft bedeuten?
HAINDL-GRUTSCH
_Zugespitzt geantwortet:
Vom Bauernmarkt am Südbahnhof kann man die
Weltbevölkerung nicht ernähren. Die Globali-
sierung ist für unser gewohntes Leben unbedingt
notwendig, Regionalisierungsträumereien sind der
falsche Weg. Natürlich darf es dabei für einzelne
Wirtschaftsregionen zu keinen einseitigen Abhän-
gigkeiten wie beispielsweise bei der Medikamen-
tenproduktion kommen. Aber es geht nicht ohne
globale Wertschöpfungsketten, denn wenn wir
Ohne globale
Wertschöpfungsketten
geht es nicht.
Joachim Haindl-Grutsch
Geschäftsführer, Industriellenvereinigung