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Jeder zweite Arbeitsplatz in Oberösterreich ist vom Export abhängig. Über ein Viertel aller
österreichischen Ausfuhren stammen aus Oberösterreich, dem führenden Exportbundesland.
Doch wie hat sich die Coronakrise auf die Exportwirtschaft ausgewirkt? Und wie gelingt ein
erfolgreiches Comeback? Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung
Oberösterreich, über einen erfolgreichen Restart, Zuversicht und Vertrauen und darüber, warum
der Bauernmarkt am Südbahnhof nicht die Weltbevölkerung ernähren kann.
„REGIONALISIERUNGS-
TRÄUMEREIEN SIND
DER FALSCHE WEG“
Text Katharina Anna Ecker
Foto Haindl-Grutsch: Eric
Krügl; Cocca
Illu Gettyimages
Was waren Ihre ersten Gedanken,
als Sie die dramatischen Bilder aus
Wuhan in den Medien gesehen haben?
HAINDL-GRUTSCH
_Ich fürchte, wir haben das
Virus am Anfang alle unterschätzt. In der westli-
chen Welt wurde darauf zu nachlässig reagiert, weil
man es für ein regionales Problem hielt. Das hat
zum Shutdown geführt, obwohl Pandemiepläne
in den Schubladen der Staaten vorhanden waren.
Ich hatte ein Papier aus Deutschland aus dem Jahr
2012 in Händen, worauf die exakte Vorgehens-
weise bei einer Pandemie zu lesen war. Das Wis-
sen hätte man gehabt, aber ich fürchte, die Folgen
und das Ausmaß von Corona waren nicht bewusst.
Also hätte man einen totalen
Lockdown verhindern können?
HAINDL-GRUTSCH
_Der komplette Shutdown
aller Industriestaaten dieser Welt war das Worst-
Case-Szenario für die Weltwirtschaft. Es wäre
wohl besser gewesen, früher und dafür differen-
zierter mit regionaler Eindämmung sowie Schutz-,
Distanz- und Hygienemaßnahmen zu reagieren.
Und nicht die Weltwirtschaft zuzusperren. Aber
im Nachhinein redet es sich immer leicht, vor drei
Monaten war der Wissensstand ein anderer.
Österreich verzeichnet seit 1995 eine
positive Exportentwicklung. Wie wird
sich das Exportvolumen in den nächsten
Jahren entwickeln?
HAINDL-GRUTSCH
_Das ist davon abhängig, wie
weltweit der Restart gelingt. Wir hängen von den
Weltmärkten ab. Wenn also zeitnah global wieder
eine Rückkehr zu normalen Handelsbeziehungen
möglich ist, dann wird sich auch der Export sehr
rasch erholen, im positivsten Fall werden wir in
zwei, drei Jahren wieder auf einem Niveau wie vor
der Krise sein. Aber da liegen noch viele Hürden
dazwischen.
Welche Hürden meinen Sie und wie kann
man diese am besten überwinden?
HAINDL-GRUTSCH
_Am Ende des Tages ist
Wirtschaft Konsum. Für Konsum und einen
globalen Rebound braucht man Zuversicht und
Vertrauen. Die Politik hat nun die Aufgabe, für
Bürger und Unternehmen ein „Zuversichtspaket“