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lange vor der Einführung des Papamonats wur-
de eine solche Möglichkeit im Kollektivvertrag
verankert. „Mittlerweile sind wir in der vierten
Phase der Reauditierung und setzen uns damit
auseinander, welche weiteren Maßnahmen wir in
den kommenden zwei Jahren umsetzen“, erklärt
Hintenaus. Derzeit werden Eltern etwa flexible
Arbeitszeitmodelle, Möglichkeiten zur Weiter-
bildung während der Karenzzeit und Familien-
sozialleistungen angeboten. „Zusätzlich dazu
gibt es zwei Wochen Kinder-Ferientage, wo die
Kinder mit ins Unternehmen kommen können;
wir versuchen in der Zeit, ein hochwertiges Pro-
gramm für sie zusammenzustellen“, sagt Sandra
Brunnhofer, Hauptverantwortliche der HYPO
Oberösterreich für das Projekt Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. „Ein wichtiger Aspekt neben
den Maßnahmen ist, dass die Familienplanung
kein Tabuthema ist und man weiß, dass man vom
Arbeitgeber ernst genommen wird“, sagt sie. Kin-
derbetreuung gewinnt im Unternehmen bei den
männlichen Angestellten stetig an Bedeutung.
„Papamonat oder Väterkarenz mit einer Karenz-
verlängerung um zwei Monate werden immer
wichtigere Themen“, sagt Hintenaus, „ich selbst
habe auch einen fünfjährigen Sohn und will als
Vater spürbar sein.“
LERNPHASE CORONAZEIT
Während des Corona-Lockdowns reagierte man
in der Bank schnell – mit einer dreiwöchigen
Es ist oft schwer, ein
kostengünstiges und nahes
Angebot für Kinderbetreuung
zu finden
Ingrid Moritz
Leiterin, Abteilung „Frauen – Familie“
Arbeiterkammer Wien
Es ist eine betriebswirtschaftliche
Notwendigkeit, sich als
Arbeitgeber zu überlegen,
wie ich im Falle einer
Familiengründung den
Wiedereinstieg erleichtern kann.
Michael Hintenaus
Personalchef, HYPO OÖ
Sonderfreistellung bei vollen Bezügen für Eltern.
„Als klar wurde, dass Kindergärten und Schulen
schließen müssen, haben wir diese Maßnahme so-
fort umgesetzt, damit der erste Druck genommen
wird“, sagt Hintenaus. Durch solche zusätzlichen
Angebote seien die Mitarbeiter bereit, falls nötig
auch freiwillig eine Extrameile zu gehen. Hinten-
aus: „Wir spüren einen extremen Zusammenhalt
im Unternehmen, die Coronazeit war, auch was
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft,
sicher eine große Lernphase.“
Angebote wie Sonderfreistellungen bei vollen Be-
zügen sind nicht für alle Unternehmen realisier-
bar. „Je größer Unternehmen sind, desto leichter
tun sie sich, die Vereinbarkeit zu erleichtern“, sagt
Ökonomin Katharina Mader. Für viele Arbeitge-
ber im stark von Klein- und Mittelbetrieben ge-
prägten Österreich sei es da schwierig. „Insgesamt
hat sich die Lage, was die Unternehmenskultur
betrifft, gebessert, auch wenn wir immer noch von
Mobbingfällen in manchen Firmen hören, wenn
Väter Karenz anmelden“, sagt sie. Was das Sozial-
system betrifft, seien die jetzigen Zeiten keine
guten für automatische Verbesserungen der Lage
ohne Anstrengen. Nach der letzten Finanzkrise
2008 habe man gesehen, dass die Gleichstellung
von Frauen und Männern sowie Vereinbarkeits-
politik in Österreich danach kein Thema war – die
Priorität lag auf dem Hochfahren der Wirtschaft
und nicht auf vermeintlichen Luxusthemen. Ma-
der: „Das sehe ich als eine Gefahr in Zukunft.“_