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einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 

12 bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum 

Vergleich: Im Jahr 2019 war es ein Plus von zwei 

Prozent. Wer auf soliden Beinen steht und Mut 

zum Querdenken hat, bleibt trotzdem positiv ge-

stimmt. Andere kämpfen um die Existenz. 

EIN LICHT IN HARTEN ZEITEN

Alle haben verstanden, wie schlimm die Lage ist, 

und trotzdem darf man in harten Zeiten auch 

das Licht sehen. So wie der oststeirische Unter-

nehmer Josef Zotter. Chocolatier, Optimist und 

Bauernhofromantiker, wie er sich selbst bezeich-

net. Seine außergewöhnlichen Schokoladenkrea-

tionen haben den Siegeszug um die halbe Welt 

angetreten, so hat sich der gelernte Koch und 

Kellner rund um die süßen Genüsse ein kleines 

Imperium aufgebaut. Dieses fußt auf fairem Han-

del und nachhaltiger Produktion. Die Coronakri-

se beutelt auch ihn, wenngleich nicht so heftig, 

denn er ist vorbereitet. Und es ist nicht seine ers-

te Belastungsprobe, die er als Unternehmer be-

stehen muss. Mitte der 1990er Jahre ging er mit 

seinen Konditoreien in Graz in Konkurs. Wie 

kam’s? „Weil der Mensch jemand ist, der dauernd 

versucht, über die Grenzen zu gehen, da gehöre 

ich auch dazu. Heute weiß ich: Der Schuldenberg 

war zu groß und das Unternehmen ist implodiert. 

Außerdem habe ich zu rasch auf vier Filialen ex-

pandiert“, sagt Zotter rückblickend. 

Den Neustart unternahm „der Andersdenker“ 

am elterlichen Hof in Bergl bei Riegersburg mit 

handgeschöpften Schokoladen, zunächst von 

einem umgebauten Stall aus. Durch ungewöhnli-

che Geschmackskombinationen und eine enorme 

Sortenvielfalt entwickelte sich Zotter-Schokolade 

vom Insidertipp zum Must-have des anspruchs-

vollen Lebensmittelhandels. Parallel dazu tüftelte 

der experimentierfreudige Chocolatier durch Di-

rektverträge mit kleinen Kakaobauern und Wis-

sensaustausch mit den Rohstoffproduzenten seine 

„Bean-to-Bar-Philosophie“ (von der Bohne bis 

zur fertigen Tafel alles im eigenen Haus) aus. Das 

kam freilich nicht alles im Eiltempo daher: „Ich 

habe gelernt, auch ohne fremdes Geld zu wach-

sen, weil ich gar keine Kredite mehr bekommen 

habe. Da habe ich gesehen, dass es funktioniert, 

wenn man normal wirtschaftet. Soll heißen: Man 

macht ein Produkt, wenn das gut geht, gibt es 

einen Gewinn und dann kann man wieder wei-

terinvestieren.“

Diese Denkweise hilft dem Unternehmen auch in 

der Coronakrise. Wir haben drei Jahre lang für 

ein Projekt, ein neues Logistikzentrum, gespart. 

Das wollen wir immer noch bauen, aber jetzt 

kommt uns halt die Situation rund um Corona 

dazwischen“, sagt Zotter.

WIRTSCHAFT NEU DENKEN

Sein Tipp an das Wirtschaftsministerium: „Das 

Wirtschaftssystem ist krank, weil es zu stark auf 

Schulden gebaut ist. Den Leuten wird Sicher-

heit suggeriert, wenn man aber genau hinschaut, 

sind es nur Kredite und geborgte Sicherheit. Mei-

ner Meinung nach sollte die Richtung weg vom 

Schuldensystem und hin zum ‚liberalen Wirt-

schaftssystem’ gehen.“

Dieses ist sehr der Natur nachempfunden: Das 

Potentere wächst besser. „Natürlich ist es hart, 

weil Menschen und Mitarbeiter dahinterstecken. 

Ich glaube aber auch, dass dieses Wirtschaftssys-

tem neue Produkte und Innovationen bringen 

könnte. Die größte Gefahr für die Wirtschaft ist, 

dass viele Unternehmen jetzt ein wenig Sauerstoff 

bekommen und dann aber trotzdem auf der Stre-

cke bleiben“, sagt Josef Zotter, der sich mit dem 

kollektiven Jammern nicht anfreunden kann, im 

Gegenteil: „Die Situation ist sicher nicht lustig, 

aber wovon reden wir? Wir hatten die letzten 

Jahre mehr als acht Prozent Wirtschaftswachs-

tum.  Laut Prognosen haben wir rund sechs Pro-

zent Rezession, vielleicht geht es auf acht Prozent 

zu. Denken wir doch daran zurück, wie es uns 

vor fünf, sechs Jahren gegangen ist. Nicht be-

sonders schlecht, würde ich meinen. Wenn wir 

jetzt zehn Prozent Minus machen, wird es nicht 

die große Katastrophe werden, die wir heraufbe-

schwören. Vielleicht fällt etwas weg, was Ballast 

ist. Vielleicht machen wir weniger Müll, vielleicht 

schmeißen wir weniger Lebensmittel weg? Viel-

leicht ändert sich das Bewusstsein und wir ernten 

wieder selbst und zahlen dafür dann mehr. Wir 

brauchen eine Kultur des Scheiterns. Wichtig ist, 

dass man daraus lernt und Chancen nutzt“, sagt 

Josef Zotter, der das Umdenken der Gesellschaft 

als weitere Chance für mehr In- statt Outsour-

cing, also mehr Produktion im Land statt zu viel 

Importabhängigkeit, als Gebot der Stunde sieht: 

„Das werden genau die Klein- und Mittelbetriebe 

am besten umsetzen können“, sagt der Unterneh-

mer, der selbst vor 25 Jahren als „Alien“ gestar-

tet ist: Damals wie heute waren die Regale voll 

mit großen Schokoladenmarken. Trotzdem hat er 

nach seinem Scheitern neue Tore im Schokoladen-

segment geöffnet. Umdenken, vorausdenken –  

das Erfolgsrezept für kommende Zeiten? 

ABER: WAS BRINGT DIE ZUKUNFT?

Und was ist Zukunft überhaupt, Herr Gatterer? 

„Zukunft ist eine Vorstellung, die wir in unse-

ren Köpfen haben, und existiert deshalb nur in 

der Gegenwart. Es ist die Vorstellung, wie es zu 

einem bestimmten Zeitpunkt sein könnte. Wenn 

wir den Blick über den Tellerrand der aktuellen 

Krise lenken, empfangen wir unklare Bilder der