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darf ihre Familie nicht mehr sehen, weil die Urenkel-
kinder die Ursache für ihren Tod sein könnten, dann
frage ich mich, warum nie einer der Politiker mit so
einer Person gesprochen hat? Die wird nämlich sagen:
„Das ist mir egal. Ich habe 95 Jahre hier verbracht
und wenn dieses Virus das i-Tüpfelchen ist, um zu
gehen, dann ist das nicht so schlimm für mich, wie
meine Familie nicht mehr sehen zu dürfen.“ Das ist
eine Bevormundung und macht Angst. Und ja, na-
türlich stirbt auch mal ein Jüngerer an diesem Virus.
Aber vielleicht wäre er ansonsten mit dem Motorrad
gegen einen Baum gefahren. Deswegen schneiden
wir aber nicht alle Bäume um. Man kann nicht über
jede einzelne Person eine Glaskuppel stülpen. Es ster-
ben täglich Hunderte Menschen in Österreich – bei
Autounfällen, an Folgen unseres ungesunden Lebens-
stils –, darüber lese ich aber nichts in der Zeitung.
Und jetzt reden wir jeden Tag über die Anzahl der
Toten.
Sie sprechen in Interviews immer
wieder an, dass das österreichische
Gesundheitssystem verbesserungswürdig
ist, weil es eher ein Krankheits- als ein
Gesundheitssystem sei. Wie würde in Ihren
Augen das optimale Gesundheitssystem
aussehen?
BECK
_Das Problem unseres Gesundheitssystems
und auch der jetzigen Situation ist: Wir haben unsere
Eigenverantwortung aufgegeben. Daher wäre Aufklä-
rung der erste Schritt zu einem funktionierenden Ge-
sundheitssystem. Man muss den Leuten erklären, wie
sie Eigenverantwortung für ihre Gesundheit überneh-
men können. Die Gesundheit ist unser höchstes Gut,
da kann jeder selbst am meisten dazu beitragen. Es
gibt ganz viele Faktoren, die dabei wichtig sind. Von
Bewegung über Ernährung bis hin zur Psyche. Natür-
lich gibt es auch genetisch bedingte Krankheiten und
Krankheiten, die auch ein gesunder Lebensstil nicht
verhindern kann, aber die machen einen Bruchteil
aus. Dafür muss das Gesundheitssystem da sein. Aber
für alles andere ist es das Wichtigste, die Verantwor-
tung selbst zu übernehmen und sie nicht einem Arzt
oder dem Gesundheitssystem zu übergeben.
Im Bild taucht plötzlich Günther Becks Tochter
auf. Eingewickelt in ein Badetuch. Sie war gerade
schwimmen. Aber doch nicht draußen, oder? Es ist
Anfang April und ziemlich kalt. „Doch“, sagt Beck
und lacht. „Die Kinder gehen sogar zu Weihnachten
draußen schwimmen.“
Ist das also das Geheimnis
eines starken Immunsystems?
BECK
_Das ist ja das Nächste, das mich stört. Dass
uns eingetrichtert wird, nur der Impfstoff oder ein
Medikament seien die Lösung. Wir haben ein Im-
munsystem, das seit Jahrtausenden darauf ausgelegt
ist, sich gegen Keime zu wehren. Warum wird uns
nicht erzählt, wie wir unser Immunsystem stärken
können? Da ist es wichtiger, darüber zu berichten,
dass McDonald’s wieder geöffnet ist und wir uns
Junkfood reinziehen können – dabei belastet genau
das unser Immunsystem. Und wenn dann noch
Angst und Psychostress hinzukommen, dann stellt es
mir als Allgemeinmediziner die Haare auf.
Ein Immunsystem baut sich aber
nicht von heute auf morgen auf.
Was können wir jetzt tun, um uns
so gut wie möglich zu schützen?
BECK
_Es stimmt natürlich, am besten ist es, wenn
man schon von Kindheit an einen guten Lebensstil
ohne Dauerbelastung, mit gesunder Ernährung und
mit ausreichend Bewegung führt. Aber man kann
auch jetzt etwas machen. Diese Krise ist gleichzeitig
die Chance, zu hinterfragen: Muss das Konzept „Hö-
her, schneller, weiter“, das wir die letzten Jahre gelebt
haben, sein? Diese Hektik, diese Gier nach mehr,
machen uns die wirklich glücklich? Oder sind es viel-
mehr Freiheit, Familie und ein Eigenheim, in dem
man sich wohlfühlt?_
Der Impfstoff wird
keine Lösung sein.
Güther Beck
Geschäftsführer,
Gesundheitszentrum Revital Aspach
und Villa Vitalis Medical Health Resort