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nicht genannt. Beleuchten sie alle Blickwinkel? Es 

wird keine Diskussion zugelassen, sobald eine Mei-

nung abweicht, wird man an den Pranger gestellt. 

Dabei wäre eine tägliche offene Diskussion so wich-

tig, weil wir jeden Tag dazulernen. Ich sage ja nicht, 

dass ich recht habe oder dass die Regierung nicht 

recht hat. Aber um Entscheidungen treffen zu kön-

nen, braucht es viele verschiedene Blickwinkel. Im 

Moment werden bestimmte Meinungen als Dogma 

festgehalten. Und dürfen nicht hinterfragt werden. 

Jeder, der es wagt, etwas zu hinterfragen, ist ein Ver-

schwörungstheoretiker. Das ist sehr gefährlich. Wie 

kann es sein, dass man sich, wenn man eine Meinung 

zu einem Thema hat, fürchten muss, diese kundzu-

tun?

Was ist Ihre Meinung zur „neuen 
Normalität“? Ist sie der richtige Weg? 

BECK

_Absolut nicht. Mit dem, was wir jetzt wissen, 

wäre der richtige Weg der schnellste Weg zurück zur 

Normalität. 

Sie haben keine Sorge um 
eine zweite Welle?

BECK

_Nein, weil es bei uns auch keine dramatische 

erste gab. Das oberste Credo war stets, die Kapazitä-

ten im Gesundheitssystem nicht zu überlasten – man 

nahm dazu immer die Reproduktionszahl R her, die-

ser Wert sollte unter eins sein. Der war in Deutsch-

land schon eine Woche, bevor der Shutdown veran-

lasst wurde, unter eins – das sind aktuelle Zahlen vom 

Robert-Koch-Institut. In Österreich war zum Zeit-

punkt des Shutdowns die Zahl zwar noch nicht unter 

eins, aber die Kurve ging schon drastisch nach unten. 

Das wäre indirekt ein Zeichen, dass die Maßnahmen, 

die zuvor gesetzt wurden – also Hände waschen, Ab-

stand halten –, schon funktioniert haben oder dass 

es, ganz ähnlich einer saisonalen Grippe, ein selbst-

limitierender Verlauf gewesen ist. Und dieser Verlauf 

hätte zur wichtigen Herdenimmunität geführt. Aber 

klar, im Nachhinein ist man immer gescheiter. 

Die Bilder aus Italien lassen aber nicht 
darauf schließen, dass es so harmlos 
gekommen wäre, oder?

BECK

_Italien mit Österreich zu vergleichen ist wie 

ein Vergleich von Äpfeln und Birnen. Länder wie 

Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und 

natürlich die USA haben ihr Gesundheitssystem zu 

Tode gespart – hier stößt man schnell mit seinen Ver-

sorgungskapazitäten an seine Grenze. Und dann wur-

den uns Katastrophenbilder gezeigt, die sehr selektiv 

sind. Am Ende des Tages sieht man aber anhand von 

Statistiken, dass nicht mehr Menschen gestorben sind 

als vor vier Jahren während der letzten großen Grip-

pewelle. Hinzu kommt, dass bei diesen Zahlen nicht 

unterschieden wird, ob jemand mit oder an dem Co-

ronavirus gestorben ist. Aber da fällt eine ganze Welt 

in Schockstarre und fährt ein über Generationen auf-

gebautes soziales und ökonomisches Wohlstandssys-

tem mit Anlauf gegen die Wand. Die Schäden kann 

man noch gar nicht abschätzen – da rede ich nicht 

nur von Konkursen und Existenzen, da geht es um 

noch viel mehr. Das wird die wirkliche zweite Welle 

sein: Arbeitslosigkeit, Angst, psychische Belastung, 

Unsicherheit. Wie viele Menschenleben haben wir 

kurzzeitig geschützt und wie viele gehen an den Fol-

gen zugrunde, weil sie keine Existenz mehr haben? 

Hinzu kommen jene Opfer, die sich aus Angst vor 

dem Virus nicht getraut haben, ins Krankenhaus oder 

zum Arzt zu gehen. In Italien sind deshalb auch Kin-

der gestorben, darüber diskutiert aber kein Mensch.

Finden Sie den Weg, den Schweden 
gewählt hat – zumindest einen 
Regelbetrieb in der Gesellschaft 
aufrechtzuerhalten – besser?

BECK

_Ja, und ich frage mich: Warum schauen wir 

nicht öfter nach Schweden? Sondern stattdessen nach 

Länder, wo es kein mit dem unsrigen vergleichbares 

Gesundheitssystem gibt? Man hat uns mit den Bil-

dern von dort vermittelt: Wenn ihr nichts tut, blüht 

euch das Gleiche – das ist unfair und nicht richtig, 

weil die Voraussetzungen ganz andere sind. Diese 

Länder müssen wieder lernen, ihr Geld nicht für 

Banken auszugeben, sondern für die Gesundheit der 

Menschen. Auch in Schweden sterben Menschen, 

und auf den ersten Blick mehr als bei uns. Dort star-

ben viele Menschen in Altenheimen. Dazu muss man 

aber wissen, dass in Schweden Altenheime schon eher 

Palliativstationen sind – diese Menschen sind also 

vermutlich ein paar Wochen früher gestorben. Aber 

wie vorhin schon gesagt, im Nachhinein ist man klü-

ger. Jetzt würde ich sagen, dass zwei, drei Wochen die-

ser drastischen Maßnahmen richtig waren. Aber ich 

verstehe nicht, warum man - obwohl sich alles in die 

richtige Richtung entwickelt hat - nicht zur Normali-

tät zurückkehren will. 

Die „alte Normalität“ sei erst wieder 
möglich, wenn ein Impfstoff gegen 
Covid-19 gefunden wurde. 

BECK

_Das ist es, was mich am meisten stört. Dass 

wir alle Passagiere sind und uns von Medien, Politi-

kern und sogenannten Experten gesagt wird: Bevor 

wir keinen Impfstoff haben, können wir kein norma-

les Leben führen. Das ist völlig absurd. Ich kann nicht 

auf einen Impfstoff warten, weil der Impfstoff keine 

Lösung sein wird. Weil Coronaviren ähnlich wie die 

Grippeviren ständig mutieren und sich an der Ober-

fläche verändern. Deshalb hat ja auch die Grippe-

impfung nur bedingt Erfolg. Die Annahme, dass wir 

uns erst wieder frei bewegen und reisen dürfen, wenn 

alle geimpft sind, halte ich für sehr problematisch. 

Aber damit werden wir permanent auf allen Medien 

beschallt. Und ich bin sicher, wenn es dann soweit 

ist, werden sich ganz viele sofort impfen lassen – mit 

einem Impfstoff, der durch ein Schnellverfahren, also 

in Bezug auf Nebenwirkungen viel zu wenig geprüft, 

hergestellt wurde. Aber die ganze Welt kauft diesen 

Impfstoff. 

Wenn es also nicht der Impfstoff sein wird, 
der uns schützen kann, wie können wir uns 
selbst schützen? Und gleichzeitig auch 
jene Gruppe an Menschen, für die das 
Virus lebensbedrohlich ist?

BECK

_Das Leben an sich ist lebensgefährlich. Ich 

gebe Ihnen schon recht, dass man mit einer Personen-

gruppe, die besonders gefährdet ist, sensibler umgehen 

muss. Aber ich finde es hochproblematisch, dass die 

Politik dann entscheidet, was diese Menschen dürfen 

oder nicht dürfen. Das sind immer noch Menschen. 

Wenn ich einer 95-jährigen Urgroßmutter sage, sie