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Paul Rasslagg
arbeitet seit
zwei Jahren in der Abteilung
Finanzierungscontrolling bei
der Hypo Oberösterreich. Ein
Job, unter dem sich viele
nicht wirklich etwas vorstellen
können. Im Interview spricht
der 28-Jährige über den
(un)typischen Arbeitsalltag
eines Finanzierungscontrollers,
das nicht unbedingt beste
Bankerimage und wie
man mit hoch gegriffenen
Stellenausschreibungen
umgehen soll.
Mathematik ist das Angstfach
Nummer eins, die Arbeit mit Zahlen
für viele unvorstellbar. Sie haben
sich für einen sehr zahlenlastigen
Job entschieden.
Rasslagg
_Ich hatte mit Mathematik
nie Probleme und habe mich nach dem
Gymnasium recht schnell für das Stu-
dium der Betriebswirtschaftslehre an
der JKU in Linz entschieden. Mich hat
immer schon interessiert, wie die unter-
schiedlichen Unternehmen funktionieren
und ich wollte daher einen Beruf, in dem
viel Kontakt mit Firmen möglich ist. Was
die Arbeit in der Bank anbelangt, bin ich
zwar familiär vorbelastet, aber dass ich
selbst einmal hier lande, war nicht wirk-
lich geplant, das hat sich gut ergeben.
In einer Zeit, in der Banker in der
Beliebtheitsskala relativ weit unten
zu finden sind …
Rasslagg
_Unser Ruf ist mir durchaus
bewusst und da scheue ich auch nicht vor
Konfrontationen zurück, um dieses Bild
richtig zu stellen und die Wichtigkeit
von Banken zu erklären: Jeder einzelne
braucht Finanzinstitute für den täglichen
Einkauf, Zahlungsverkehr, etc. Ohne
die zur Verfügung gestellte Infrastruk-
tur würde unser Wirtschaftsleben nicht
funktionieren.
Unter dem Job Finanzcontrolling
können sich viele nichts Genaues
vorstellen …
Rasslagg
_Da ging es mir nicht wirk-
lich anders (lacht). Ich habe die Stellen-
ausschreibung gesehen und gedacht: ‚Das
klingt spannend.‘ Ich bin vorher mit dem
Bereich noch gar nicht in Berührung
gekommen. Aber es gefällt mir richtig
gut, denn sonst wäre ich nicht mehr hier.
Wie schaut Ihr Arbeitsalltag aus?
Rasslagg
_Dieser ist Gott sei Dank
schwer zu beschreiben, er ist sehr ab-
wechslungsreich. Ich bin schwerpunkt-
mäßig für die Bonitäts- und Risikobeur-
teilung für den großvolumigen Bereich
zuständig und beschäftige mich daher
mit dem Zahlenmaterial von Unterneh-
men sowie dem Einkommen von unter-
schiedlichen Berufsgruppen. Daneben
gibt es noch den risikoarmen Bereich, in
dem das kleinvolumige Geschäft abgewi-
ckelt wird und wo bereits sehr viel auto-
matisiert passiert. Ich beurteile Kredite ab
einem Volumen von 400.000 Euro nach
deren Vertretbarkeit: Wie hoch ist die
Ausfallswahrscheinlichkeit des Kunden?
Sowie im Falle des Ausfalls: Wie hoch
ist der Schaden der Bank und wie kann
man diesen bereits im Vorfeld so gut wie
möglich minimieren? Teilweise fahre ich
dafür auch zu den Unternehmen vor Ort
– das macht meine Arbeit noch einmal
spannender. Der Job bringt eine große
Verantwortung mit sich. Aus dem Grund
bin ich auch froh, dass wir ein sehr gutes
Team sind und jederzeit die Möglichkeit
der Absprache besteht. Überhaupt muss
das Umfeld passen, damit die Arbeit
Spaß macht. Wenn man in einem offe-
nen, herzlichen Team arbeitet, geht man
gerne ins Büro. Wir gehen gemeinsam
Mittagessen, es gibt laufend selbst geba-
ckenen Kuchen – den häufig ich mitbrin-
ge (lacht) – und unternehmen auch abseits
der Arbeit etwas miteinander. Ich habe
das schon anders erlebt und daher war
es mir vor meiner Bewerbung so wichtig,
etwas über das Arbeitsklima rauszufin-
den. Ich habe dafür etwa die Internetbe-
wertungsplattform kununu verwendet.
Welche Voraussetzungen muss
man für den Job mitbringen?
Rasslagg
_Wenn man Angst vor Zahlen
hat, dann sollte man nicht in meinem
Bereich arbeiten. Insgesamt ist es wichtig,
dass man Interesse und Engagement zeigt
und dann kommt der Rest von alleine.
Ich habe zufällig vor der Bewerbung für
die Stelle eine super Aussage vom briti-
schen Milliardär und Gründer der Virgin
Gruppe Richard Branson gefunden und
zu meinem Leitsatz gemacht: „If somebo-
dy offers you an amazing opportunity but
you are not sure you can do it, say yes –
then learn how to do it later!“ Ich kann
nur jeden ermutigen: Stellenausschrei-
bungen sind oft bewusst hoch gegriffen.
Davon darf man sich nicht abschrecken
lassen, sondern man muss mutig sein und
die Möglichkeit, die sich einem bietet, er-
greifen. Die Lebensläufe von Persönlich-
keiten zeigen: Karriere kann man nicht
wirklich planen, dafür braucht es manch-
mal auch etwas Glück.
„Mutig die
Möglichkeit
ergreifen
“