55
Tanja Greifeneder
arbeitet im dritten Lehrjahr als Lebensmitteltechnikerin beim Fleischereibetrieb
und Familienunternehmen Hütthaler. Im Interview erzählt sie, warum sie sich für diesen noch
relativ neuen Beruf entschieden hat – und warum sie jetzt auch in ihrer Freizeit unbewusst an
Lebensmitteln riecht oder sie analysiert.
Der Beruf Lebensmitteltechnikerin
ist relativ neu – wie sieht der
typische Arbeitstag aus?
Greifeneder
_Den typischen Arbeitstag
gibt es nicht. Es fallen meist spontane
Aufgaben, Termine und Tätigkeiten an,
Alltag ist da eher die Ausnahme. Einige
Regelmäßigkeiten gibt es aber: Mehrmals
täglich werden pH-Werte gemessen und
auch Salmonellenproben entnommen.
Diese werden dann im Labor analysiert
und danach die Ergebnisse im Büro ein-
getragen, aktualisiert und bewertet. Die
Zeiteinteilung ist jede Woche anders:
Momentan bin ich größtenteils im Büro,
manchmal verbringe ich aber auch den
ganzen Tag im Labor.
Bei der Berufswahl gibt es zwei
Arten von Menschen: Die einen
wissen ganz genau, was sie
wollen, die anderen entscheiden
sich erst spät oder durch
Zufall für ihren Beruf. Wie
war das bei Ihnen?
Greifeneder
_Mein Vater hat früher in
einem kleinen Labor einer Kläranlage ge-
arbeitet und als Kind habe ich ihn in den
Sommerferien hin und wieder begleitet.
Schon damals habe ich die ganzen Geräte
ziemlich beeindruckend gefunden, auch
wie der Klärschlamm analysiert und Se-
dimentationen untersucht werden. Später,
auf meiner Suche nach einer Lehrstelle,
bin ich auf den Beruf Lebensmitteltech-
niker aufmerksam geworden, für die erste
Bewerbung, die ich verschickt habe, gab
es gleich eine Zusage.
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
Greifeneder
_Die Vielfältigkeit. Man
sieht nicht nur das Büro, sondern ar-
beitet auch in der Produktion und in
der Produktentwicklung, in der Werk-
statt habe ich außerdem Schweißen ge-
lernt. Zu meinen Lieblingstätigkeiten
gehört die Personaleinschulung. Es ist
interessant, welche neuen Mitarbeiter
kommen, es entstehen neue Bekannt-
schaften. Ganz besonders war auch
das erste Produkt, das ich selbst mit-
entwickelt habe und das in den Handel
gekommen ist – Tapas für einen Kunden.
In Erinnerung geblieben ist mir auch
einer der ersten Tage in der Arbeit: Das
körperlich anstrengende Arbeiten in der
Produktion war ich als Schüler nicht ge-
wohnt, da hatte ich schon die ein oder
andere Blase an den Händen. In meinem
Umfeld haben mir dann viele gesagt: „Du
schaffst das nicht, du wirst sicher aufhö-
ren und den Beruf wechseln.“ Ich wollte
das aber sehr wohl schaffen und durch-
ziehen – was ich auch gemacht habe.
Welche Talente und Stärken
sind als Lebensmitteltechnologin
gefordert?
Greifeneder
_Eine gewisse Stressresis-
tenz am Anfang ist wichtig, ebenso In-
teresse an Produktentwicklung und ein
feiner Geruchs- und Geschmacksinn.
Bei regelmäßigen Verkostungen wird die
Qualität der Fleisch- und Wurstwaren
überprüft oder auch über Zutaten von
neuere Produkten diskutiert, im Labor
entsteht dann das Muster dazu. Die Ver-
kostungen sind übrigens ein ganz eige-
nes Thema: Mittlerweile rieche ich auch
in Gasthäusern ganz genau – besonders
beim Fleisch – und versuche auch bei
anderen Gerichten, die Zutaten zu ana-
lysieren. Da hat mich schon der ein oder
andere Kellner gefragt, ob eh mit dem
Essen alles in Ordnung sei. Auf Märkten,
bei denen die Lebensmittel manchmal
länger ungekühlt daliegen, kann ich fast
gar nicht mehr hingehen. Eine Berufs-
krankheit also (lacht).
„Die
Vielfältigkeit
fasziniert
mich“