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Die Fälle von
Cyberkriminalität
und die dadurch verursachten Schäden nehmen weltweit
rasant zu. Auch wenn das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas in Österreich gestiegen
ist, sind besonders KMU oft nicht ausreichend auf den Ernstfall vorbereitet. Dabei braucht es
für ein akzeptables IT-Sicherheitsniveau nicht zwingend hohe Investitionen – sondern als ersten
Schritt „nur“ ein Ablegen der eigenen Bequemlichkeiten.
„WER SICH VORBEREITET, WIRD
MEIST NICHT ZUR ZIELSCHEIBE
“
Redaktion_Valentin Lischka
Fotografie_Gettyimages, Haindl-Grutsch: Mario Riener; Roth: WKOÖ,
Völkl: Stephan Huger, Fleck: SEC Consult
„Wir haben eh eine Firewall, mehr brau-
chen wir als kleines Unternehmen nicht.
Wer soll sich für uns interessieren?“ Mar-
kus Roth erinnert sich genau an dieses
Zitat eines Firmenpartners, der lange
Zeit wenig davon hielt, sich mit dem
Thema IT-Sicherheit auseinanderzuset-
zen oder gar darin zu investieren. „Als
er dann auf einer Dienstreise in die
USA aus dem Flieger gestiegen ist, hat
er eine TAN-SMS für die Überweisung
von 25.000 Euro auf die Virgin Islands
bekommen“, sagt Roth. Während er im
Flugzeug keinen Empfang gehabt hat-
te, wies ein Betrüger seine Sekretärin in
mehreren Mails detailliert und glaub-
würdig an, warum sie sofort 25.000
Euro für wichtige Firmengeschäfte an
ein Offshore-Konto überweisen müsse.
Kein Einzelfall. „Besonders bei kleineren
Unternehmen in Österreich herrscht oft
immer noch die Überzeugung, dass es
einen schon nicht treffen wird, dass die
eigenen Daten nicht interessant für Cy-
berkriminelle sind“, sagt Roth, „wenn
dann was passiert, ist die Überraschung
groß.“ Der Cyber Security Report von
Deloitte bestätigt das: Rund ein Viertel
der Klein- und Mittelbetriebe setzt sich
erst nach einem Vorfall mit Cyberse-
curity auseinander, bei Unternehmen
mit 250 Mitarbeitern oder mehr waren
es nur acht Prozent. Roth ist Obmann
der Fachgruppe Unternehmensberatung,
Buchhaltung und Informationstechno-
logie (UBIT) bei der WKOÖ, Gründer
des IT-Unternehmens Creative Bits und
hat als IT-Berater mit verschiedensten
Menschen, von Ministern bis CEOs,
über das Thema gesprochen. Ein Haupt-
problem für ihn ist die Bequemlichkeit
vieler Unternehmer. „Die Möglichkeiten
wären vorhanden, die Ausrede ‚Ich habe
keinen Sicherheitsexperten mit 25 Jah-
ren Erfahrung gefunden‘ zählt da nicht“,
sagt er. Mit relativ simplen Mitteln kön-
ne man schon viel erreichen. Die UBIT
betreibe viel Aufklärungsarbeit, inner-
halb der Mitgliedsbetriebe gibt es viele
IT-Security-Spezialisten, die über die
Plattform huddlex.at weitervermittelt
werden. Auch eine eigene Notfallhotline
hat die WKOÖ eingerichtet – für di-
rekte Hilfe bei Hackerattacken. Ein IT-
Sicherheitshandbuch soll Unternehmen
helfen, die Mitarbeiter zu sensibilisieren.
Denn die Statistiken zeigen: Die größ-
ten Risiken sind oftmals nicht Lücken
in der Software – sondern unvorsichtige
Menschen und fehlendes Bewusstsein.
Fehlendes Risikobewusstsein kennt
auch Ulrich Fleck, einer der Geschäfts-
führer des österreichischen Informati-
onssicherheitsexperten SEC Consult.
„Wenn in einer ganzen Abteilung alle
dasselbe Passwort verwenden, wird es
schwierig herauszufinden, wo sich die
Hacker genau Zugriff verschafft haben“,
erklärt er. Sein weltweit tätiges Unter-
nehmen betreut Kunden von Start-ups
bis hin zu internationalen Großbanken,
aber auch kleine und mittelständische
Unternehmen. „Neben klassischen IT-
Überprüfungen werden wir oft gerufen,
wenn die Kunden einen Angriff ver-
muten – oder für sogenannte Penetra-
tionstests“, sagt Fleck. Dabei klopfen
Experten die Sicherheitssysteme der
Kunden auf Lücken ab und versuchen,
sich mit Hackermethoden Zugriff zu
verschaffen. Fleck: „Der Kardinalfehler
ist sicher, dass man als Unternehmer
nicht auf den Ernstfall vorbereitet ist.“
Die Sicherheit gilt es bei jedem Vorha-
ben mitzudenken. „Wir sehen oft, dass
Unternehmer sich erst mit dem Aspekt
Sicherheit beschäftigen, bevor ihr Pro-
dukt oder System live gehen soll – das
ist zu spät“, sagt er. Wie viel sollte man
sich effektive Sicherheitsmaßnahmen
kosten lassen? Pauschal lasse sich das
nicht sagen. Welche Summe Unterneh-
mer in die Sicherheit investieren soll-
ten, komme darauf an, wie angreifbar
die jeweiligen Assets online sind. „Eine
Großbäckerei wird etwa weniger brau-
chen als eine Bank“, erklärt Fleck, „die
Bandbreite der sinnvollen Investitionen
in Sicherheit bewegt sich in etwa bei
fünf bis 17 Prozent des IT-Budgets.“
Extrem hohe Dunkelziffer
bei Angriffen
Um 16,8 Prozent sind die angezeigten
Fälle von Internetkriminalität 2018 laut
einem Bericht des Innenministeriums
gestiegen, tatsächlich waren es vermut-
lich viel mehr. „Es gibt eine extrem hohe
Dunkelziffer“, sagt Fleck. Das liege
auch daran, dass man Informationen im
klassischen Sinne nicht stehlen könne.
„Wenn ein Hacker Informationen wie
Passwörter oder sensible Daten ausspäht,
sind sie ja deswegen beim Eigentümer
nicht weg. Laut Statistiken dauert es im
Schnitt acht Wochen bis zu mehreren
hundert Tagen, bis Angriffe bemerkt
werden – wenn überhaupt“, erklärt der
SEC-Consult-Geschäftsführer. In eini-
gen Fällen würden im System eingenis-
tete Angreifer sich Hintertüren schaffen
und sogar Unternehmensübernahmen
überleben. „Gestohlene“ Informationen
sind etwa besonders heikel für die zahl-
reichen Hidden Champions im Land.
Fleck: „Diese führenden Unternehmen
leben sehr stark von ihrem individuel-