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Pilgern in Österreich. Fast 4.000
Kilometer Pilgerwege ziehen sich
durch Österreich. Und die erfreu-
en sich immer größerer Beliebtheit.
Ein Trend, der eigentlich mehr
als ein Trend ist, denn Pilgern ist
auch in Österreich keine Neu-
erfindung, Gehfreudige suchen
hierzulande schon seit über
850 Jahren Ruhe, Einkehr und
Besinnung. Einen guten Überblick
über sämtliche Pilgerwege bieten
einige Seiten im Internet:
www.pilgerwege.at
www.oberoesterreich.at
www.weitwanderwege.com
www.bergfex.at
www.johannesweg.at
Das GEHT
sich aus.
Hans Holzmann. „Dass der eine oder andere
Betrieb hier noch eine Chance sieht, das be-
grüßen und fördern wir.“ Bestes Beispiel dafür
ist Alois Reithmayr, Vorsitzender des Touris-
musverbandes Mühlviertler Alm. Er und seine
Frau haben einen Beherbergungsbetrieb auf
ihrem Bauernhof direkt am Weg geschaffen.
„Durch den Um- und Neubau unseres Privat-
hauses hat es sich ergeben, dass wir im Altbau
Übernachtungsmöglichkeiten eingerichtet
haben“, erzählt Reithmayr, der auch Bür-
germeister der Gemeinde Kaltenberg ist. In
so einem Steinbloßhaus zu übernachten, sei
für viele Pilger ein ganz besonderes Erlebnis.
„Viele leben weit weg vom Land und haben
keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft. Hier
im Mühlviertel haben wir eine hohe Dichte
an Bio-Betrieben und meine Frau nimmt sich
gerne Zeit, um den Gästen dann auch zu zei-
gen, was Bio eigentlich bedeutet.“
Herrgottsitz: „Bewahre die
Geduld, dann kannst du den
Tag ohne Hast erleben.“
Apropos Bio. Während wir an weiten Feldern
vorbeispazieren, bleibt Reinhard Honeder
plötzlich stehen. „Das ist eines unserer Bio-
Dinkelfelder.“ Er habe direkt am Weg zwei
Bäckerei-Standorte und profitiere natürlich
von den Wanderern. Ihm persönlich sei es
aber am wichtigsten, dass viele Menschen se-
hen, „wo wir herkommen und dadurch un-
seren Anspruch ‚Brot mit Wurzeln‘ erleben.“
Wir bleiben alle stehen. Und lassen unsere
Blicke über diese verschiedenen Grün-, Gelb-
und Brauntöne schweifen. Und dann krie-
chen sie auf einmal aus ihrem Versteck, die
Gedanken, die Antworten. „Das ist der Sinn
des Pilgerns – im Gegensatz zum Wallfahren,
das ja nach außen gerichtet ist, richtet sich
das Pilgern nach innen“, erklärt Hans Hinter-
reiter, der auch Wander- und Pilgerbegleiter
ist. „Da gibt es ganz bestimmte Rituale – das
Aufbrechen, das bewusste Loslassen von Ge-
wohnheiten, vom Alltag, unterwegs sein, sich
einlassen auf etwas Fremdes – deshalb sind
ja auch die Begegnungen so wichtig.“ Üb-
rigens, fügt er hinzu, sei der Johannesweg
streng genommen gar kein Pilgerweg. Laut
katholischem Regelwerk müssen Pilgerwege
mindestens 222 Kilometer lang sein und seit
mindestens drei Generationen begangen wer-
den. „Vor sieben Jahren haben wir uns schwer
getan mit dem Wort Pilgern und wollten das
gar nicht kommunizieren. Aber mittlerweile
bin ich überzeugt – der Johannesweg ist kein
Pilgerweg, aber ein idealer Weg zum Pilgern“,
sagt Hinterreiter.
Gipfelkreuz: „Der Schlüssel
zum gesunden Altern liegt
in deinem Alltag.“
Das Ziel des Johannesweges ist die „Finis
Terrae“, was so viel wie „das Ende der Erde“
bedeutet. „Das haben wir uns vom Jakobsweg
abgeschaut. Der Pilger macht die Runde am
Johannesweg und dann laden wir ihn ein, dass
er dieses kleine Stück zum Abschluss hinauf-
geht, um dort noch einmal den Blick in das
Land zu werfen, das er durchwandert hat“,
erklärt Hans Holzmann. Oben angekommen,
entdeckt man aber nicht nur den Ausblick in
die weite Ferne. Da ist noch etwas. Ein Spie-
gel. Warum ein Spiegel? „Weil man jetzt ange-
kommen ist. Bei sich selbst.“_
„Pilgern bedeutet aufbrechen, das
bewusste Loslassen vom
Alltag, unterwegs
sein, sich einlassen auf etwas Fremdes.“
Hans Hinterreiter
Geschäftsführ
er Tourismus
verband Bad Zell
und Wander- und Pilgerbegl
eiter
„Hier im Mühlviertel haben wir eine hohe
Dichte an Bio-Betrieben.“
Alois Reithmayr
Vorsitzender des TV Mühlviertler Alm und
Bürgermeister Gemeinde Kaltenberg