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Der Weg ist das Ziel. Sagt man. Aber so richtig versteht man’s eigentlich erst dann. 

Dann, wenn man ein paar Stunden gegangen ist. Einfach so. Und mit jedem Schritt 

kommt man jenem Ziel näher, das man schon längst aus den Augen verloren hat: sich 

selbst. Ein Lokalaugenschein (oder so etwas in der Art) an einem der wohl schönsten 

Weitwanderwege im oberösterreichischen Mühlviertel, dem 

Johannesweg

.

WIE WEIT MUSS MAN GEHEN, 

UM (BEI SICH SELBST) 

ANZUKOMMEN?

Redaktion_Susanna Wurm 

Fotografie_Mario Riener

Illustrationen_Alexandra Auböck

Pilgern

Samstag, neun Uhr. Wir treffen uns beim 

Irxenmayr in Pierbach. Die Sonne strahlt 

vom Himmel, als wäre sie selbst die Gast-

geberin. Aber das mit dem Begrüßen über-

nimmt dann schon Frau Irxenmayr. „Griaß 

eich!“, ruft sie uns ebenso (freude)strahlend 

zu, während Siemens OÖ. Chef Josef Ki-

nast zum Auftakt ein Stamperl Schnaps –  

selbstgebrannten Birnenbrand seines Bruders 

Franz aus dem Mostviertel – anbietet. Was Jo-

sef Kinast übrigens erst jetzt erfährt: Von der 

Irxenmayr-Quelle bezieht auch sein Bruder – 

wie viele andere Edelbrenner – das Wasser für 

seine Erzeugnisse. Vor gut sieben Jahren fand 

hier in Pierbach die Eröffnung des Pilgerwe-

ges statt – die Quelle steht symbolisch für das 

Wirken des Heiligen Johannes. Die Mühl-

viertler-Alm-Gemeinde Pierbach ist auch der 

offizielle Ausgangspunkt des Johannesweges. 

Manche beginnen ihre Pilgerreise aber auch 

in einer anderen Gemeinde. Zum Beispiel 

in Weitersfelden, wo der Zusammenfluss der 

Weißen und Schwarzen Aist ein grandioses 

Naturschauspiel bietet. Viele gehen allein. 

Manche zu zweit. Oder in Gruppen. Die 

einen gehen langsam, die anderen schnel-

ler, manche gehen die 87 Kilometer in drei, 

manche in vier Tagesetappen. Was aber fast 

alle gemeinsam haben: Sie kommen verändert  

an.

Johannesbrunnen: „Humor soll 

dein Leben begleiten, denn er 

beflügelt deinen Geist und 

erfreut die Gesellschaft.“

Die erste Veränderung, die wir wahrnehmen, 

ist zunächst mal der erhöhte Puls. „Viele von 

uns haben einen sitzenden Beruf“, sagt Maria 

Holzmann, Ärztliche Leiterin im Lebensquell 

Bad Zell. „Eigentlich sind wir aber für die 

Bewegung geboren und deshalb tut es dem 

Körper unheimlich gut, wenn wir ihn beim 

Gehen in Bewegung bringen. Damit die Ge-

lenke in Schwung bleiben und sie nicht ein-

rosten, wie man so schön sagt.“ Und diese äu-

ßere Bewegung könne auch innere Blockaden 

lösen. „Es befreit ganz einfach.“ Eigentlich 

mache es sogar Sinn, Bewegung medizinisch 

zu verordnen, sagt Holzmann. „Wohlfühl-

behandlungen wie Massagen und Bäder tun 

zwar gut, es geht aber auch darum, im Alltag 

nachhaltig etwas für seine Gesundheit zu tun.“ 

Okay, das leuchtet ein. Dann wollen wir die 

Bewegung also fortsetzen – auf dem Weg, den 

übrigens Hautarzt Johannes Neuhofer initiert 

hat und nach Johannes dem Täufer benannt