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Baulandverknappung in den Gemeinden,
denn diese dürfen immer nur eine gewisse
Fläche umwidmen. Die Politik hat schon
öfters in bestehendes Recht eingegriffen
und es wäre auch in diesem Bereich sinn-
voll. Außerdem die Forderung: Öffnung
der Raumordnung sowie der Höhengren-
zen im urbanen Bereich.
Harrer
_Ich bekomme extrem oft bei
Grundstückseigentümern und auch
Zinshausbesitzern mit, dass diese kei-
nen Grund sehen zu verkaufen und in
der aktuellen Niedrigzinsphase mit dem
Argument kommen: ‚Was soll ich mit
dem Geld tun, es gibt ja keine anderen
Anlageformen.‘ Eine mögliche Lösung,
die auch schon immer öfters angeboten
wird, ist, den Grundstückseigentümern
Wohnungen als Tauschgeschäft anzubie-
ten und ihnen so gleich eine Rendite zu
verschaffen.
Apropos Höhengrenzen: In Linz gab
es in jüngster Zeit bezüglich des
Baus von Hochhäusern heftige
Diskussionen …
Zoidl
_Wir sind Gewohnheitsmenschen
und wollen keine Veränderungen. Aber
gerade Linz verträgt es in gewissen Vier-
teln sicher noch eine Verdichtung. Auf
Google Earth sieht man viele unausge-
baute Dächer – das ist brachliegender
Wohnraum. Da ist dann die Infrastruktur
schon vorhanden. Wenn man in der Stadt
sein will, muss man auch in einem Hoch-
haus leben wollen. Wir müssen über neue
Wohnformen nachdenken – Stichworte:
Mikroflats und modulare Wohnformen.
Weiß
_Es braucht gute innerstädtische
Entwicklungskonzepte, denn es wollen
einfach immer mehr Leute in der Stadt
wohnen und es darf zu keinem Konflikt
zwischen denen, die schon dort sind, und
denen, die noch hinwollen, kommen.
Nach Linz ziehen jedes Jahr 2.000 Leu-
te, die Wartelisten der Gemeinnützigen
werden länger und länger und rund um
Linz gibt es Gemeinden, in denen in den
nächsten Jahren voraussichtlich nichts
mehr umgewidmet wird. Bei der Raum-
ordnung könnte man auch gewagtere Din-
ge probieren: In Südtirol muss bei Um-
widmungen ein gewisser Prozentsatz für
Gemeinnützige reserviert werden. In der
Schweiz muss ein Teil des Umwidmungs-
profits an die Kommune zurückgegeben
werden. Da ist ein großer Fairnessgedan-
ke dahinter, bei den Widmungsprofiten
gibt es eine große Ungleichbehandlung.
Die Infrastruktur, die geschaffen werden
muss, damit die Umwidmung für den
Eigentümer überhaupt etwas bringt, wird
auf Kosten der Gesellschaft finanziert.
Zoidl
_Es gibt ja in Österreich eine Um-
widmungsabgabe – über die Höhe lässt
sich streiten und die Infrastrukturkosten
werden von den Gemeinden auf die Bau-
träger abgewälzt. Im Endeffekt schlägt ein
Grundeigentümer die Abgaben auf den
Grundpreis auf. Wenn die Raumordnung
geöffnet wird, dann haben wir wieder
mehr Wettbewerb und dann löst sich das
Problem ohne zusätzliche Vorschriften.
Die Forderung nach Städtekonzepten un-
terstütze ich sehr. Wenn ich etwa durch
meine Heimatstadt Enns gehe, dann ist
da jede dritte Geschäftsfläche leer, alle
haben sich am Ortsrand angesiedelt. Ge-
rade in den Ortszentren am Land wäre es
aber auch schön zu wohnen. Gewerblich
ist seit 2008 in Oberösterreich überhaupt
sehr wenig weitergegangen, wir haben
viele Leerstandflächen, die keiner will.
Neue, moderne Flächen kann jeder ver-
mieten, für die Altflächen brauchen wir
dringend Konzepte.
Harrer
_Das Problem ist auch, dass sich
die Anforderungen an Büros geändert ha-
ben, jetzt hat man Groß- und keine Ein-
zelbüros mehr und das ist meist bei den
alten Flächen nicht änderbar. Diese gehö-
ren nun adaptiert, nur da ist man beim
bereits besprochenen Richtwertmietzins,
mit dem sich das finanziell nicht ausgeht.
Zoidl
_Was wir noch nicht angesprochen
haben: Zum leistbaren Wohnen gehört
auch Eigentum dazu. Es gibt Leute, meist
Jungfamilien, die sich am Stadtrand an-
siedeln wollen, und da ist schon die Fra-
ge, ob es noch solch große Grundstücke
wie früher sein müssen. Diese sind fast
nicht mehr leistbar und auch nur mehr
schwer zu finden. Und das nächste ist
dann der Wohnraum, man sollte sich fra-
gen, ob nicht 110 Quadratmeter bei guter
Planung auch reichen. Ein Keller kostet
60.000 Euro, möglicherweise ist eine
Ersatzfläche im Garten sogar gescheiter,
denn da muss man nicht alles rauf- und
wieder runtertragen und bei einem Car-
port statt einer Garage kann man eben-
falls sparen. Man soll sich nach seinen fi-
nanziellen Möglichkeiten und nicht nach
dem größten Haus in der Straße richten.
Wir leben im gelobten Land, was Eigen-
tum anbelangt, und man findet immer
noch was – vielleicht nicht in der Stadt,
aber irgendwo im Umland. Aber keine
Frage – es wird schwieriger.
Weiß
_Wir bewegen uns damit halt auch
weiter weg von den Zentren und das ver-
ursacht mehr Verkehr.
Zoidl
_Ja, ohne zwei Autos in der Familie
geht es fast gar nicht mehr – viele stehen
dann in der Früh und am Abend im Stau,
verlieren wertvolle Lebenszeit.
Harrer
_Und rechnen die Kosten für die
beiden Autos oft nicht. Von der Kosten-
seite betrachtet wäre es wahrscheinlich
häufig sogar günstiger, wenn man in der
Stadt mit einem etwas höheren Miet- be-
ziehungsweise Wohnungspreis leben und
dafür nur eines oder vielleicht sogar gar
kein Auto benötigen würde.
Weiß
_Das hängt sicherlich stark damit
zusammen, wie man aufwächst – die
optimale Wohnform muss jeder für sich
selbst finden._
43 Prozent der
Österreicher leben in
Miete – wie der Rest wohnt und
viele weitere Zahlen zum heimi
-
schen Immobilienmarkt erfahren Sie
auf unserer W
ebsite
. Außerdem
gibt’s online die Antwort von den
Teilnehmern der Gesprächs
-
runde bezüglich der Gefahr
einer Immobilienblase.