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Vergleiche man den
heimischen Immobilienmarkt
mit anderen in Europa, würden wir
in einem gelobten Land leben. Gleichzeitig gebe es aber auch bei uns noch einiges an
Verbesserungspotential, sind sich Real360-Immobilien-Geschäftsführer Achim Harrer,
Konsumentenschützerin Ulrike Weiß und Mario Zoidl, Geschäftsführer VKB-Immobilien
und Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Oberösterreichs,
einig. Und auch bei den vorgeschlagenen Maßnahmen ist man gar nicht so weit
auseinander, wie man das vielleicht erwarten würde.
„WIR SIND
GEWOHNHEITS-MENSCHEN UND
WOLLEN KEINE VERÄNDERUNGEN
“
Wie beurteilen Sie den aktuellen
Immobilienmarkt?
Zoidl
_Der österreichische Immobilien-
markt ist in Bezug auf Eigentum gut auf-
gestellt. Er hat sich seit der Finanzkrise
sehr intensiv entwickelt, viele Investoren
und Privatanleger haben in Immobilien
investiert. Die Zinsen sind am Boden,
wenn man ein bisschen ein Vermögen
zur Verfügung hat, gibt es das starke Be-
streben, einen Teil in Immobilien anzule-
gen – das geht von der Großmutter bis
zu größeren Investoren. In jüngster Zeit
hat der Trend ein bisschen nachgelassen –
das hängt sicherlich auch mit den starken
Baukostensteigerungen zusammen, seit
2005 gab es ein Plus von um die 36 Pro-
zent. Die gewerblichen Geldgeber sind im
Bereich Wohnimmobilie schon deutlich
verhaltener.
Harrer
_Das sehe ich nicht so, die Nach-
frage ist ungebremst. Aktuell kommen
etwa viele institutionelle Investoren aus
Süddeutschland und Wien, um bei uns in
Linz zu investieren.
Zoidl
_Wir spüren eine gewisse Sättigung.
Die goldenen Zeiten, in denen alles in
kürzester Zeit verkauft worden ist, sind
vorbei – beim Verkauf des letzten Drittels
einer Immobilie wird es häufig zäh. Anle-
ger und Investoren haben früher ein gan-
zes Paket gekauft – jetzt ist das nicht mehr
Redaktion_Sabrina Kainrad
Fotografie_Martin Anderl
so, die Renditeaussichten sind nicht mehr
so gut. Der klassische Investor geht auch
nicht in die Wohnungsmiete, sondern ins
Eigentum.
Weiß
_Ja, wir stehen im Bereich Kauf
nicht schlecht da, aber wir könnten noch
sehr viel mehr leistbare Mietwohnungen
brauchen. Leistbarer Wohnraum wird in
zentralen Lagen zunehmend knapp. Die
Durchschnittsmieten steigen seit Jahren.
Was kann man dagegen tun?
Weiß
_Garant für leistbares Wohnen ist
der gemeinnützige Wohnbau – das sieht
man auch in anderen Ländern, in denen
man diesen Weg nicht mehr beschritten
hat. Deutschland ist ein gutes Beispiel,
wie es nicht funktioniert, das zeigt auch
die aktuelle Diskussion in Berlin. Die
Preistreiber in Österreich sind die stark
steigenden Baukosten und daneben vor
allem die hohen Grundstückspreise. We-
gen Letzteren kann in manchen Berei-
chen in Linz und auch in anderen Städten
nicht mehr gefördert gebaut werden.
Harrer
_Weiters sind auch noch die vie-
len Regulatoren bezüglich Nebenflächen
ein Preistreiber. Ein Architekt hat mir
kürzlich erklärt, dass man bereits 30
Prozent nicht vermietbare oder verkauf-
bare Nebenflächen rechnen muss – da-
mit hat man eine effektive Nutzfläche
von nur noch 70 Prozent, mit der man
wirklich Einnahmen als Investor erzielen
kann.
Zoidl
_Ich könnte mich nicht erinnern,
dass Wohnen irgendwann einmal günstig
war. Natürlich kann es nie genug Woh-
nungen geben, aber wir sind in Oberös-
terreich auch im Bereich Miete sehr gut
unterwegs. Der soziale Wohnbau muss
von der Gemeinnützigkeit oder den Ge-
meinden kommen, da muss wirklich sozi-
aler Wohnbau geschaffen werden und das
muss nicht in so einer Güte passieren, wie
es jetzt der Fall ist. Wir haben einen Stan-
dard bei der Ausstattung erreicht – von
den Raffstores hin zur Dreifachvergla-
sung, der Klimatisierung bis zur Wohn-
raumbelüftung –, der einfach nicht mehr
funktioniert. Alles ist aus Edelstahl, es
gibt Tiefgaragen, bereits ab dem dritten
Stock muss ein Lift her – das sind Preis-
treiber. Und da rede ich noch gar nicht
von den Nebenkosten, bei denen ich
mich als Vermieter jedes Mal selber schre-
cke, wenn ich die Gemeindeabrechnung
bekomme.
Weiß
_Die Baukosten sind ein Thema,
besonders im innerstädtischen Bereich
haben die Gemeinnützigen mittlerweile
viele Vorgaben. Grundsätzlich halte ich
viele davon für gut, da sich sonst un-
terschiedliche Immobilienklassen ent-
Bauen & Wohnen