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Negativ für die Bauwirtschaft ist laut
Hasenöhrl die Expertenregierung, denn
diese würde die in Österreich dringend
notwendigen Infrastrukturmaßnahmen
nicht beschließen. Österreich könne als
eines der reichsten EU-Länder im Infra-
strukturbereich mit anderen, wirtschaft-
lich deutlich schlechteren Ländern, wie
etwa Spanien, Italien oder auch der Tür-
kei, nicht mithalten: „Ich war kürzlich
in Barcelona, Mailand und Istanbul –
von deren Straßeninfrastruktur und
auch öffentlichen Verkehrsnetzen trauen
wir uns nicht einmal zu träumen.“ Der
Wirtschaft koste die fehlende Infrastruk-
tur viel Geld: Hasenöhrl transportierte
früher von einer Baustelle in Linz mit
einem Lkw täglich zehn Fuhren Aushub
ab, jetzt sind es aufgrund des stärkeren
Verkehrs nur mehr acht und damit 20
Karer ist seit 2005 bei KPMG tätig. Seine Schwerpunkte
liegen in der Prüfung und Beratung von internationalen
und österreichischen Bau- und Immobilienunternehmen.
Daneben ist Karer mitverantwortlich für den jährlich von
KPMG Österreich erstellten Baukennzahlenkatalog. Den
Baufirmen stellt der Wirtschafsprüfer aktuell ein gutes
Zeugnis aus: „Die Unternehmen haben die gute Konjunk-
tur der vergangenen Jahre genutzt und ihre Prozesse so
aufgestellt, dass sie gut für die – möglicherweise auch
schwächere – Zukunft aufgestellt sind.“ Man konnte es
sich leisten, bei der Auftragsannahme selektiv vorzu-
gehen und während der Abwicklung ein ordentliches
Projektmonitoring einzuführen und so mögliche Verluste
zu vermeiden. Die Weiterentwicklung in den Bereichen
Compliance und Risikomanagement habe auch dazu
geführt, dass die recht geringen Margen etwas nach
oben gegangen sind.
Große Unternehmen würden sich bei der Standardisie-
rung von Prozessen oder auch der Implementierung von
Reporting-Tools leichter tun und könnten entsprechend
größere Baustellen mit weniger Risiken abarbeiten.
Kleinere Firmen sollten bei der Annahme von größeren
Projekten entsprechend vorsichtig sein: „Zu glauben,
plötzlich ein Prestigeprojekt annehmen zu müssen, weil
man immer mit kleineren Baustellen erfolgreich war,
kann schlimm enden.“ Karer rät stattdessen zu einem
langsamen Wachstum oder auch zur Bildung von Ar-
beitsgemeinschaften. Bei den aktuellen Themen Digitali-
sierung und Nachhaltigkeit würden sich kleinere Firmen
einerseits schwerer tun, weil sich die Großen eigene
Entwicklungsabteilungen leisten können und technische
Neuerungen oft mit größeren Ausgaben verbunden
seien. Andererseits würden die Bereiche aber große
Chancen bieten, weil man sich eine Nische suchen und
für ein ganz spezielles Thema positionieren könne. Stan-
dardlösungen werden immer weniger gefragt sein, Leute
wollen keine 08/15-Häuser, sondern ein Smart Home in
einer nachhaltigen Bauweise.
Prozent weniger Leistung. Der tägliche
Stau rund um die Mauthausener Donau-
brücke kostet ihn jährlich 600.000 Euro:
„Alleine mit dem Mehr an Steuergeldern,
das der Staat ohne Stau bekommen wür-
de, wäre die Brücke rasch finanziert.“
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starke Preissteigerungen
Die Bau- und Immobilienbranche war
in den vergangenen Jahren mit starken
Preissteigerungen konfrontiert. Es sei-
en laut Michael Gesswein, Eigentümer
von Maximilianhof Immobilien, sowohl
die Bau- und Baunebenkosten als auch
die Grundstückspreise stark gestiegen.
Nach dem Motto „Was gestern noch zu
teuer war, ist heute eine gute Gelegen-
heit“ gebe es seit Jahren eine sehr hohe
Nachfrage nach Immobilien, die sich
„Die Bauunternehmen haben die gute
Konjunktur der vergangenen Jahre genutzt
und sich bestens für die Zukunft aufgestellt.“
Christoph Karer
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Partner KPMG Austria
von den Preissteigerungen nicht aufhal-
ten lasse. Gleichzeitig mahnt Gesswein
zur Vorsicht, dass dies nicht zu Lasten
von Qualität und Nachhaltigkeit gehen
dürfe: „Man schimpft ungern über Kol-
legen, aber teilweise hat man schon den
Eindruck, dass Projekte hinausgestampft
werden, bei denen die Preise bei einem
Nachfragerückgang nicht halten werden.“
Aktuell gebe es dafür aber keinerlei Anzei-
chen: „Auch wenn sich eine leichte Krise
abzeichnet, die Wirtschaftslage ist gut.
Es ist eine ordentliche Kaufkraft da und
wir gehen auf keinen Fall von einer Stag-
nierung aus.“ Wenn man die heimischen
Immobilienpreise mit jenen der Nach-
barländer vergleicht, gebe es in Öster-
reich auch noch Luft nach oben. Gefahr
für eine Immobilienblase sieht Gesswein
nicht, es gebe ein vernünftiges Verhält-
Mein Wohntraum
_ist ein schönes
Haus im Grünen mit einem großen
Garten und viel Platz für meine
Familie und mich. Ein persönliches
Highlight wäre dann noch ein
kleiner Weinkeller.