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Experten aus der Bau- und Immobilienwirtschaft
geben einen Einblick in die aktuellen
Themen und Herausforderungen der Branche: Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Christoph Karer (KPMG Austria), Bauunternehmer Karl Hasenöhrl (Firmengruppe Hasenöhrl),
Immobilienentwickler Michael Gesswein (Maximilianhof Immobilien) und Rechtsanwalt
Manuel Traxler (Gesswein-Spiessberger Traxler Rechtsanwälte).
VON GROSSEN VERSÄUMNISSEN
UND SMARTEN BAUSTELLEN
Redaktion_Sabrina Kainrad
Fotografie_Mario Riener, Gettyimages
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geringe Margen
Die Bauwirtschaft ist laut KPMG-Bau-
kennzahlenkatalog mit durchschnittli-
chen Ebit-Margen von drei Prozent ein
„relativ hart umkämpfter Markt“, weiß
Christoph Karer, Partner bei KPMG
Austria. Die Gewinnmargen seien schon
immer gering gewesen, Ursache dafür:
„Der Markt ist von vielen KMU durch-
drungen, der Wettbewerb ist hart.“ Es
gebe zwar einige sehr große Baufirmen,
deren Namen man recht häufig liest, aber
wenn man das gesamte Bauvolumen in
Österreich betrachtet, dann decken ei-
nen Großteil davon die vielen KMU ab.
Gefahr aufgrund der geringen Margen:
„Wenn ein Unternehmen einmal einen
Auftrag in den Sand setzt, kann gleich
das gesamte Jahresergebnis betroffen sein
und der Einzelfall sogar existenzbedro-
hend werden.“
Bauunternehmer Hasenöhrl stimmt
Karer zu: „Es besteht ein extremer Ver-
drängungswettbewerb in der Branche.“
Man müsse sich als Unternehmer von 1.
Jänner bis 31. Dezember überlegen, wie
man seinen Kunden ein vernünftiges und
günstiges Angebot machen und gleichzei-
tig Geld verdienen könne. Als Erfolgsre-
zept für das eigene stetige Wachstum in
den vergangenen Jahren nennt der Unter-
nehmer: „Viel Fleiß sowie familiären und
persönlichen Einsatz.“ Als Ursache für die
immer wieder vorkommenden Pleiten in
der Bauwirtschaft nennt Hasenöhrl feh-
lendes wirtschaftliches Denken: „Der ty-
pisch ausgebildete Bauleiter ist technisch,
aber nicht wirtschaftlich ausgebildet.“
Bauen & Wohnen
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gute Stimmung
Die Baubranche boomte in den vergan-
genen Jahren, aktuell ist die Stimmung
laut Karer „vorsichtig positiv“. Die Bran-
chenzahlen würden zwar noch ein weite-
res Wachstum voraussagen, aber man weiß
nicht, wie lange das angesichts von Rück-
gängen beim Wirtschaftswachstum noch
anhält. Aktuell hätten die Firmen aber ei-
nen guten Auftragsbestand und es ist auch
noch keine Änderung bei der Zinslage in
Sicht. Hasenöhrl pflichtet bei, dass es ak-
tuell noch keinen Anlass für Beschwerden
gebe, es sei aber schon Zurückhaltung zu
spüren. Man dürfe nicht vergessen: Die
Bauwirtschaft hängt der Konjunkturent-
wicklung immer nach. Nichtsdestotrotz
sind sich die Experten einig: Der Riesen-
crash von 2009 wird sich nicht wiederholen.