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Malina-Altzinger
_Wir befinden uns in
einer Umbruchphase. Das bringt auf der
einen Seite Chancen und auf der anderen
Seite Risiken mit sich. Wir müssen uns
jedenfalls darauf einstellen, dass die Ver-
änderungen noch schneller voranschrei-
ten als in der Vergangenheit. Da gehen
an manchen Tagen neue Türen auf, man
kann sein Geschäftsmodell toll entwi-
ckeln, oder es kann einem den Sessel un-
ter dem Hintern wegziehen. Wir sind ein
Nischenplayer, die Themen alternativer
Antrieb und autonomes Fahren sind eine
riesige Aufgabe. Wir glauben aber, auf der
richtigen Spur zu sein, und daher ist das
eine Chance, denn die Konzerne haben
langsamere Entscheidungsprozesse. Klar
ist aber: Wir können das nicht aus der Por-
tokasse machen, wir machen’s mit Risiko.
Forstenlechner
_Bei uns im Handwerk
mahlen die Mühlen noch etwas langsa-
mer, wir spüren die Digitalisierung zwar
auch, aber unsere tägliche Arbeit bleibt
noch dieselbe.
Herbsthofer
_Es macht natürlich einen
Unterschied, ob man seine Produkte welt-
weit exportieren kann oder einen begrenz-
ten Aktionsradius hat – das ist der Unter-
schied zwischen uns. Das Geschäftsmodell
hat sich bei uns insofern geändert, als dass
wir jetzt einige große Projekte in Deutsch-
land abwickeln. Wir sind mit einer Hand-
voll eigener Spezialisten dort und beschäf-
tigen zusätzlich viele Subunternehmer.
Man muss einfach schauen, wie man
sich immer wieder neu erfinden kann.
Malina-Altzinger
_Weil es familiär gerade
so gut dazu passt: Ich habe Wirtschaftsin-
genieurwesen und Maschinenbau studiert,
mein Sohn macht Wirtschaftsinformatik –
das zeigt, wohin die Reise geht, es tut sich
wahnsinnig viel.
Ein ganz wichtiges Thema bei Familien-
unternehmen ist die Übergabe. Herr
Herbsthofer, Sie haben bereits erzählt,
dass Sie Ihren Kindern davon seit 20
Jahren abraten …
Fuchs
_Ja, das ist eines der wichtigsten
Themen und sollte gut geplant sein. Lei-
der planen nur 64 Prozent der Familien-
unternehmen die Übergabe und lediglich
26 Prozent bringen dies auch zu Papier
und davon auch wieder nur 14 Prozent
mit einer Vorlaufzeit von einigen Jahren.
Eine gut geplante Übergabe zu Lebzeiten
sollte fünf bis zehn Jahre dauern. Und da-
neben braucht man für eine Notsituation
einen Notfallkoffer.
Malina-Altzinger
_Für Notsituationen
braucht es eine klare Strategie. Ein Fami-
lienunternehmen braucht eine Struktur,
wo es am Montag weitergeht, wenn mir
am Sonntag etwas zustößt.
Herbsthofer
_Als meine Kinder noch
jünger waren, hatte ich in meinem Tes-
tament einen Geschäftsführer festgelegt,
der gar nicht bei mir gearbeitet hatte. Der
kennt die Branche, hätte sofort die Ge-
schäftsführung übernehmen und dann
einen Verkaufsprozess einleiten können.
Ich habe ihm erst danach davon erzählt.
Er war berührt und auch geschockt an-
gesichts der Verantwortung. Was meine
Kinder anbelangt – das wird sich weisen:
Meine 17-jährige Tochter beginnt im
Herbst ein Jus-Studium, mein 21-jähriger
Sohn studiert in St. Gallen. Mit meiner
Ausredetaktik war ich nicht unbedingt
erfolgreich (lacht): Mein Sohn kommt
permanent mit Fragen und Ideen über
die Firma. Er hatte sogar eine Zeit lang
Zugang zu meinen E-Mails. Das hat ihn
aber zu sehr vom Studium abgelenkt.
Hasenöhrl
_Bei mir ist das ähnlich, der
Sohn interessiert sich wie bereits erwähnt
schon sehr für das Unternehmen,
aber natürlich kann auch die Tochter
einsteigen.
Malina-Altzinger
_Mein Sohn ist 23
Jahre und studiert wie schon gesagt Wirt-
schaftsinformatik. Meine Tochter ist 15
und studiert Pubertät – eine spannende
Zeit. Meine Kinder müssen ihren Weg
finden, für sich entscheiden, ob sie das,
was da jetzt angeboten wird, auch inter-
essiert. Unser Unternehmen ist bald 110
Jahre alt, wir sind im dritten, vierten Busi-
nessmodell. In 20 Jahren werden wir wie-
der ein anderes Modell haben, das bereits
meine Nachfolger erfinden werden. Ein
junger Mensch, der sich entscheidet, die
Verantwortung und die Chance zu ergrei-
fen, muss für sich ein Bild haben, was er
im Unternehmen beitragen kann.
Forstenlechner
_Ich bin als Älteste unter
meinen Geschwistern 2015 ins Unterneh-
men eingestiegen. Meine Schwester ist
Ärztin, für sie kommt die Firma im Mo-
ment nicht in Frage. Mein um sechs Jahre
jüngerer Bruder ist noch ein potentieller
Kandidat. Aber er ist gerade erst mit dem
Studium fertig geworden und muss jetzt
mal in die große weite Welt und sich seine
Hörner abstoßen. Ich würde mich freuen,
wenn er einsteigt, aber wenn nicht, ist es
auch in Ordnung. Es ist auch total wich-
tig, dass er die Freiheit hat, wirklich selbst
„In einem Familien-
unternehmen gilt es
nicht nur, ständig
das Unternehmen
selbst, sondern auch
die Familie weiter-
zuentwickeln.“
Clemens Malina-Altzinger
Geschäftsführer und
Hauptgesellschafter, Reform-Werke
Malina-Altzinger führt seit dem Jahr
1987 gemeinsam mit zwei weiteren
externen Geschäftsführern in 3.
Generation die Reform-Werke Wels.
Der Spezialist für Kommunaltechnik
und Berglandmaschinen wurde
1910 gegründet, zur Unternehmens-
gruppe in Familienhand gehört auch
eine Niederlassung in der Schweiz
sowie eine Firma in Deutschland.
In der Gruppe wurde zuletzt mit
500 Mitarbeitern (370 davon in
Österreich) ein Umsatz von knapp
100 Millionen Euro gemacht. Dem
65-Jährigen gehört das Unterneh-
men mit seinen drei Geschwistern,
die als Minderheitsgesellschafter im
Aufsichtsrat vertreten sind.
Neben der Digitalisie
-
rung gilt aktuell der
Fach-
kräftemangel als die große
Herausforderung
für die Firmen.
Familienunternehmen wird bei der
Mitarbeitersuche häufig ein Vorteil
nachgesagt. Ist da etwas dran?
Die Antworten darauf von den
Teilnehmern der Gesprächsrun
-
de erfahren Sie
auf unserer
Website
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