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Aufgaben der Führungskräfte in den jewei-
ligen Institutionen. „Durch unsere dezen-
trale Organisation erreichen wir unsere
2.000 Mitarbeiter nur sehr gefiltert, daher
investieren wir viel in die Entwicklung der
Führungskräfte vor Ort. Denn sie sind es,
die Tag für Tag die Dienstleistung vor Ort
koordinieren und unsere Mitarbeiter mo-
tivieren.“
Positive Stimmung heiße aber nicht, dass
es nur noch lustig zugehe, warnt Tröstl:
„Die nötige Ernsthaftigkeit und das Verant-
wortungsbewusstsein dürfen nicht leiden.“
Auch für die Mitarbeiter sei eine dauerhaf-
te Zwangsbespaßung nicht wünschens-
wert: „Als Unternehmen kann man nicht
24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr für
das Glück und das Wohlbefinden verant-
wortlich sein, das sind die Menschen zum
Großteil selbst. Die Mitarbeiter sollen
auch abschalten können und ihre Freizeit
für ihr Privatleben nutzen“, spricht sich
Tröstl gegen ein Überhandnehmen von ge-
meinsamen Aktivitäten vom Kegelabend
über Firmenfeiern bis zu Betriebsausflü-
gen aus. „Spaß bei der Arbeit: ja. Zwang-
haft Spaß erzeugen: eher nein.“
Wohldosierte
Verrücktheiten
Die Gefahr von überbordender Spaß-
kultur sieht auch Humorexperte Szeliga:
„Man muss wissen, wann Schluss mit lus-
tig ist. Es macht keinen Sinn, wenn der
Chef nur mehr ein Kasperl ist, weil dann
die Seriosität leidet oder keine Anweisun-
gen mehr befolgt werden.“ Der Trick sei
es, wohldosierte Überraschungen und
kleine Verrücktheiten zum richtigen
Zeitpunkt im Büroalltag zu platzieren.
„Wenn an einem heißen Tag der Chef
mit einer Eiskappe am Kopf Eis an die
Mitarbeiter verteilt, dann ist er vielleicht
trotzdem eine Stunde später der taffe
Chef, aber die Mitarbeiter spüren, der
hat sich was überlegt für mich.“ Regeln
zu brechen und originelle Veränderungen
zu wagen, schaffe Sympathie innerhalb
und außerhalb des Unternehmens. „Wie
cool ist es, wenn ich in eine Bank gehe,
wo alles um Zahlen, Daten, Fakten geht,
und der Berater bringt mich zum Lachen.
Wenn ich etwas Positives erlebe, dann er-
zähle ich das gerne weiter. So werden die
Menschen zu Botschaftern.“
Und das helfe gleichermaßen bei der
Kundengewinnung, der Mitarbeiterbin-
dung oder guten Geschäftsbeziehungen:
„Wir alle wollen Zeit mit Menschen ver-
bringen, die uns guttun, die uns erheitern,
mit denen es lustig ist“, ist Szeliga über-
zeugt. „Wenn jemand mit einem Lachen
in die Arbeit geht, dann denkt man eher,
dem gebe ich einen Auftrag. Humorvol-
le Menschen klettern die Erfolgsleiter
viel schneller nach oben.“ Schließlich
ist jeder Kunde, jeder Geschäftspartner,
jeder Mitarbeiter ein Mensch mit seiner
ganzen Bandbreite an Gefühlen. „Diese
Emotionen, egal ob positiv oder negativ,
haben einen Sinn und gehören in den Be-
rufsalltag eingebunden.“
Das Kind in uns allen
So sieht es auch Psychologin Walenta:
„Die Mitarbeiter kommen als Menschen
ins Unternehmen hinein und bringen all
ihre sozialen Bedürfnisse mit.“ Und dazu
zähle nun mal auch das Bedürfnis nach
Spiel und Spaß: „In uns allen stecken Kin-
der, wir wollen spielen, kreativ und lustig
sein, nur dann können wir unsere Tätig-
keit ganz ausfüllen. Alle Aktivitäten in
Richtung Spaß sind sinnvoll, solange sie
authentisch sind und zur Unternehmens-
kultur passen.“
Ein Allheilmittel sei Humor dennoch
nicht, räumt Szeliga ein: „Wenn die Qua-
lität des Jobs nicht mehr passt, dann ist
alles andere Kosmetik. Man kann das mit
netten Aktionen noch ein bisschen in die
Länge ziehen, zufrieden und glücklich
werden die Menschen sicher nicht.“ Die
Rahmenbedingungen müssen stimmen,
von der Art der Tätigkeit über die ange-
messene Bezahlung und das Arbeitspen-
sum bis hin zu einem wertschätzenden
Umgang miteinander, sagt Szeliga. „Hu-
mor ist Geschmacksträger des Erfolges,
aber nie das Hauptnahrungsmittel.“_