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Im Bereich
Digitalisierung
wird den
Gewerbe- und Handwerksbetrieben
im Vergleich zur
Industrie häufig ein gewisses Nachhinken nachgesagt. Völliger Blödsinn, so die Sprecher der
mit Abstand größten Sparte in der Wirtschaftskammer Oberösterreich (WKOÖ).
HANDWERK 4.0. Was ist das?
Geschäftsführer Stefan Thumser. Auslö-
ser dafür war der Bedarf an zusätzlichen
Mitarbeitern und der Umstand, dass man
diese aber nicht aufnehmen hat können,
weil der Administrationsaufwand hö-
her geworden wäre als die zusätzliche
Wertschöpfung. Man begann daher, den
gesamten Arbeitsprozess mit einem ex-
ternen Berater zu durchleuchten und
neu aufzustellen: „Wir haben dabei etwa
bemerkt, dass wir Daten an verschiede-
nen Stellen erfasst und damit mehrfachen
Aufwand hatten – nachdem das schon
immer so gemacht wurde, hat das aber
bisher niemand hinterfragt.“
Die größte Herausforderung bei der Di-
gitalisierung war laut Thumser der Fak-
tor Mensch. Man müsse jeden einzelnen
Mitarbeiter bei diesem Prozess so mit-
nehmen, dass er die Veränderungen als
positiv erlebt. Und Thumser gibt auch
ganz ehrlich zu: „Obwohl wir viel Zeit
und Geld in Form von einer externen Be-
Industrie 4.0. Das Schlagwort ist seit ei-
nigen Jahren allgegenwärtig. Handwerk
4.0 wird dagegen nicht wirklich verwen-
det. Warum eigentlich? „Die Industrie
bewirbt die Digitalisierung im Vergleich
zum Gewerbe und Handwerk in der
Öffentlichkeit viel mehr und hat damit
den Begriff allgegenwärtig gemacht“, so
die Erklärung von Michael Pecherstor-
fer, Obmann der Sparte Gewerbe und
Handwerk in der WKOÖ. „Die Gewer-
be- und Handwerksbetriebe hinken der
Industrie bei der Umsetzung der Digita-
lisierung aber nicht nach“, widerspricht
Pecherstorfer dem häufig gehörten Vor-
urteil. Die Unternehmen wüssten, dass
sie von der Digitalisierung profitieren
würden und dementsprechend viel wer-
de in dem Bereich gemacht. Der große
Unterschied zur Industrie sei deren bran-
chenspezifisch völlig unterschiedliche
Aufstellung. „Unter den rund 50.000 Ge-
werbe- und Handwerksbetrieben in Ober-
österreich befinden sich Tischler, Friseure,
Redaktion_Sabrina Kainrad
Fotografie_Oö. Blitzschutzgesellschaft,
Autohaus Aschauer, Service Team
Gebäudereinigung, Pecherstorfer: Starmayr,
Mayr: Rahmanovic, Gettyimages
Illustration_Gettyimages
01
Konditoreien, Metallverarbeitungsbetrie-
be oder Sprachdienstleister, um nur eini-
ge Beispiele zu nennen, und diese haben
alle völlig unterschiedliche Vorausset-
zungen für die Digitalisierung“, sagt
Heinrich Mayr, Spartengeschäftsführer
Gewerbe und Handwerk in der WKOÖ.
Drei Beispiele für erfolgreiche Digitalisie-
rung in oö. Gewerbe- und Handwerksbe-
triebe, bei denen man die Breite an aktu-
ellen Digitalisierungsprojekten sieht:
01
OÖ Blitzschutz
Die Linzer Firma mit rund 30 Mitar-
beitern digitalisierte zwischen 2012 und
2015 den gesamten Arbeitsprozess für
einen sechsstelligen Betrag. „Wir haben
nun für alle Prozesse, von der Bestellung
über den Warenfluss auf der Baustelle bis
hin zur Zeitaufzeichnung, den Bürotätig-
keiten und der Dokumentenablage, ein
durchgängiges digitales System“, erzählt
Digitalisierung