150
ein Gespür für Menschen und die Suche
nach Beständigkeit.
Sie haben das Kinderbuch „Sebastian
und die Insel der Seligen“ geschrieben.
Wieso geht man als Bankier unter
die Schriftsteller?
Wonnebauer_
Wir waren auf Urlaub
in Caorle, als meine beiden Töchter
noch klein waren. Ich wollte nicht im-
mer Sandburg bauen, also habe ich eine
Geschichte erfunden von einem Buben
namens Sebastian, der sich ein Haus
aus Sand baut. Am Abend schläft er am
Strand ein und wird von den Wellen
fortgetragen. Am nächsten Tag wollten
meine Kinder wissen, wie die Geschich-
te weitergeht, da habe ich die Insel der
Seligen erfunden. Die heißt so, weil der
Wald und das Meer alles geben, was die
Menschen zum täglichen Leben brau-
chen, und es keinen Spiegel gibt, sodass
die Menschen nie sehen, wie sie älter
werden.
Wie geht es Ihnen selbst, wenn Sie am
Morgen in den Spiegel schauen?
Wonnebauer_
Ich bin happy, dass wie-
der ein neuer Tag beginnt und ich gesund
bin. Zufriedenheit ist das Wichtigste, was
man sich erarbeiten kann. Ein Wort, das
ich verabscheue, ist Work-Life-Balance,
denn das bedeutet, dass Work nicht Life
ist. Die beiden gehören zusammen.
Sie sind seit 1982 im Private-
Banking-Bereich. Wie haben sich
die Privatkunden verändert?
Ein guter Bankberater muss seinen Kunden kennen und ihm gelegentlich widersprechen,
ist
Hermann Wonnebauer
überzeugt. Wieso Harmonie für ihn dennoch ein zentraler Wert ist,
weshalb vermögende Kunden entspannter sind und warum er ein Kinderbuch geschrieben hat,
erzählt der neue CEO der Zürcher Kantonalbank Österreich im Interview.
„DIE ANSICHTEN DES
KUNDEN SIND KEINE HEILIGE KUH
“
Der beste Freund des
Anlegers ist die Zeit und
der Zinseszins.
Hermann Wonnebauer
CEO, Zürcher Kantonalbank
Österreich
Redaktion_Bernhard Lichtenberger
Fotografie_Mario Riener
Illustration_Alexandra Auböck
Silbern glitzert die Salzach in der war-
men Frühsommersonne, auf dem Ma-
kartsteg funkeln abertausende Liebes-
schlösser, dahinter ragen das historische
Hotel Sacher und das Schloss Mirabell
auf. „Leider komme ich viel zu selten
dazu, aus dem Fenster zu schauen“, ge-
steht Hermann Wonnebauer, der mit
1. April als erster Nicht-Schweizer zum
Vorsitzenden der Zürcher Kantonal-
bank Österreich aufgestiegen ist. Hin-
ter seinem Stehtisch zieren moderne
Kunstwerke die Wände des spätmittel-
alterlichen Gewölbes in der Salzburger
Getreidegasse. „Meine Töchter“, ant-
wortet der 60-Jährige schmunzelnd auf
die Frage nach den Malern. Die Liebe
zur Kunst und die Kreativität scheinen
in der Familie zu liegen, genauso wie