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Bühne wach ist, wenn er beim Publikum ist, 

dann kann auch das Publikum bei ihm sein. 

Okay, aber wie gelingt 

dieses Da-Sein?

Wolf_Für mich ist Entspannung wichtig. 

Dazu mach ich körperliche Übungen, die 

Stress und Druck rausnehmen, tiefe Atem-

züge sind das Minimum. Zu wissen, was du 

tust, sagst, denkst, gibt dir Sicherheit und 

Ruhe, dadurch kommst du in den entspann-

ten Zustand. Alles, was dich stresst, ist kont-

raproduktiv. 

Wenn da nicht diese Angst vor 

dem Scheitern wäre ...

Wolf_Wenn man sich dieser Angst, dieser 

Herausforderung stellt und sich denkt: „Ich 

nehme das Scheitern in Kauf und sehe das als 

Abenteuer", dann stresst sie einen nicht nega-

tiv. Manche behaupten, ein Bühnenauftritt 

sei geistiges Bungee-Jumping. Es ist wie ein 

Sprung ins Leere. Du weißt nicht, ob das Seil 

halten wird oder nicht. Aber dieses Unwissen 

hat auch seinen Reiz – man muss sich dem 

Kick stellen. Ihn annehmen. Die Alternative 

wäre die Flucht. 

Und wenn das Seil nicht hält, 

wenn man scheitert, was dann?

Wolf_Klar, wenn man so richtig gegen die 

Wand knallt, dann braucht’s halt eine Weile, 

bis man sich wieder fängt. Das ist wie ein 

kleiner Unfall, man muss es aus dem Kopf 

kriegen und weitergehen. Wenn der Reiter 

abgeworfen wurde, muss er sofort wieder auf-

steigen, sonst steigt er nie wieder auf. 

Wann empfinden Sie einen 

Auftritt als ganz besonders?

Wolf_Wenn man selbst am Punkt ist. Und 

die Leute auch. Es gehört beides dazu. Das 

Publikum spielt eine gleichwertige Rolle. Das 

kann man am deutlichsten erkennen, wenn 

man ein Stück 30 Mal spielt und es immer 

gut funktioniert – und dann kommen zwei 

Vorstellungen, wo nichts geht. Es ist dassel-

be Stück, dieselben Schauspieler, und doch