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Markt habe, würde ich mich zuerst um
diesen Markt kümmern als um ande-
re, die zwölf Flugstunden entfernt sind.
Besondere Möglichkeiten gibt es in der
Medizinbranche, die Russen spricht der
ganze Gesundheits- und Vorsorgebereich
besonders stark an. Attraktiv ist auch der
Stahl- und Holzbau, der Agrarbereich bis
hin zur Fleischindustrie. Wobei dieser Be-
reich mit den aktuellen Sanktionen eher
schwierig ist.
2014 entschied sich die EU als
Reaktion auf die illegale Annexion der
Krim zu Wirtschaftssanktionen gegen
Russland, die seitdem bestehen. Wie
stehen Sie als russischer Honorarkon-
sul zu diesen Sanktionen?
Mayer
_
Ich glaube, wirtschaftliche Be-
schränkungen als politisches Instrument
zu nutzen, ist völlig falsch. Ich halte die
Sanktionen für unnötig, da sie nichts
lösen und dafür Probleme schaffen. Die
österreichische Wirtschaft leidet dar-
unter, gleichzeitig wird aber nichts er-
reicht. Politik und Wirtschaft sollten
nicht zum Instrument des jeweils ande-
ren gemacht werden. Es wäre viel bes-
ser, stattdessen zu überlegen, wie man
Russland stärker einbinden könnte, wie
man einen Wirtschaftsraum von Lissa-
bon bis Wladiwostok schaffen könnte.
Die NGO Transparency International
hat den Kampf der Regierungen
weltweit gegen Korruption bewertet –
Russland landet in dieser Statistik
nur auf dem 135. Platz und gehört
damit zu den 50 inaktivsten Ländern
im Kampf gegen die Korruption. Wie
sollten heimische Unternehmen mit
diesem Risikofaktor umgehen?
Mayer
_
Diese Statistik kann ich nicht
nachvollziehen. Die russische Administra-
tion schaut extrem auf den Kampf gegen
die Korruption, daher gibt es diese nicht
mehr. Ich selbst habe dort diesbezüglich
nie irgendwelche Angebote in diese Rich-
tung bekommen. Ich könnte nicht sagen,
die Geschäftspraktiken sind anders als
sonst wo auf der Welt. Es gibt drakoni-
sche Strafen für Korruption. Hier wird
teilweise geglaubt, in Russland nimmt je-
der etwas unter der Hand, das gehört zum
Russlandbild leider dazu. Grundsätzlich
gibt es ein bisschen ein gesteuertes Russ-
land-Bashing. Vieles, was bei uns in den
Zeitungen steht, muss nicht unbedingt
so gewesen sein. Mein Lieblingsbeispiel:
die olympischen Spiele in Rio de Janeiro.
Ich sitze unter den Reportern, die russi-
sche Mannschaft marschiert ins Stadion
und wird wie alle anderen bejubelt und
beklatscht. In manchen Berichten stand
dann, die russische Mannschaft wäre aus-
gebuht worden.
Zurück nach Oberösterreich: Was war
Ihre erste Tätigkeit als Honorarkonsul?
Mayer
_
Die erste Tätigkeit war die Un-
terstützung eines Kulturprojekts mit
Hans-Joachim Frey, die zweite war die
Unterstützung einer jungen russischen
Staatsbürgerin, welche die österreichi-
sche Staatsbürgerschaft annehmen wollte.
Dazu muss aber erst die russische Staats-
bürgerschaft zurückgelegt werden – in dem
Fall haben wir die Ansprechpartner und
benötigten Unterlagen dafür vermittelt._
01 von links: Dimitry Lyubinskiy, Botschafter
der Russischen Föderation, Wolfgang Mayer,
Landeshauptmann Thomas Stelzer und
backaldrin-Eigentümer Peter Augendopler
02 von links: Wolfgang Mayer mit den
Co-Vorsitzenden des Sotschi Dialogs,
Christoph Leitl und Andrey Fursenko
03 + 04 Die russische Stadt Sotschi ist
Gastgeber des Sotschi Dialogs.
01
02
03
04