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Schon mal was vom Goldenen Schnitt gehört? Oder vom roten Punkt und der blauen
Stunde? Und davon, dass man Regeln manchmal bewusst brechen sollte? Ein Interview
mit
Wilfried Eichlseder
, dem
Rektor der Montanuniversität Leoben
, ist ein bisschen wie
ein Crashkurs in Fotografie. Und eine abenteuerliche Reise in die Zukunft.
UND ES HAT KLICK GEMACHT.
Redaktion_Susanna Wurm
Fotografie_Wilfried Eichlseder, Uni Leoben
Illustrationen_Alexandra Auböck
An und für sich kann es jeder. Man drückt
auf ein kleines Knöpfchen und es ist im
Kasten, das Bild. Und trotzdem sehen
nicht alle Fotos so aus wie jene acht, die
im Büro des Rektors der Montanuniversi-
tät an der Wand hinter dem schwarzen Le-
dersofa hängen. Seit 2011 leitet Wilfried
Eichlseder die Geschicke der Montanuni-
versität und wurde kürzlich für eine dritte
Funktionsperiode wiedergewählt. Die Fo-
tografie faszinierte ihn schon immer, um
aber richtig gute Bilder zu machen, brau-
che es Erfahrung, einen gut entwickelten
Blick für schöne Motive und „man muss
immer seine Ausrüstung dabeihaben“.
Deshalb betritt der gebürtige Oberöster-
reicher sogar den Hörsaal stets mit einer
seiner zwanzig Kameras. Während des
Interviews versteckt er seinen Blick aller-
dings nicht hinter der Linse. Im Gegenteil.
Er blickt zurück auf seine bisherige Karri-
ere, auf seine vielen Reisen, die er in un-
zähligen Bildern festgehalten hat, und er
blickt nach vorne. Darauf, wie die Digita-
lisierung die Welt verändert. Und was das
für Österreichs Bildungssystem bedeutet.
Wenn man zum dritten Mal in Folge
gewählt wird, dann macht man
irgendetwas richtig. Was ist es, das
Sie als Rektor so richtig machen?
Eichlseder_Das Wichtigste ist, dass die
Universität erfolgreich dasteht. Aber was
heißt erfolgreich? Zum einen haben wir die
Anzahl der Studierenden gesteigert. Das ist
deshalb wichtig, weil unsere Absolventen
am Markt sehr gefragt sind, die Wirtschaft
braucht Menschen mit diesem Know-how.
Zum anderen ist die Forschung bedeutsam.
Wir sind verpflichtet, neue Erkenntnisse zu
liefern, die wiederum Grundlage sind für
die Umsetzung in der Wirtschaft – daraus
entstehen dann Innovationen.
Mit „wir“ meinen Sie die Österreicher?
Eichlseder_Ich denke, wir müssen den
Wirtschaftsraum immer im internationalen
Kontext sehen. Wir müssen für Ausländer
interessant sein, damit sie nach Österreich
kommen. Und wir müssen wollen, dass
unsere Leute hinausgehen, um sich
in der Welt umzuschauen. Damit wir
Netzwerke im Sinne unserer Wirtschaft
und Wissenschaft bilden – Netzwerke, die
auch dazu führen, dass wir in internationale
Forschungsaktivitäten eingebunden werden.
Wieviele der Studierenden an der
Montanuniversität kommen aus dem
Ausland?
Eichlseder_Circa 18 Prozent kommen
aus dem Ausland. Darunter sind die meisten
Deutsche, gefolgt von Iranern. Leoben hat
eine lange Tradition mit dem Iran, weil der
Iran ein rohstoffreiches Land mit einigen
Bergakademien und Erdöluniversitäten ist.
Sie bilden die Arbeitskräfte der Zukunft
aus. Aber wie weiß man jetzt schon,
was in Zukunft gebraucht wird?
Eichlseder_Ganz ehrlich, wir wissen
es nicht. Wir können es nur abschätzen.
Dass die technische Entwicklung weiter
voranschreitet, ist ohne Zweifel. Diese
Entwicklung wird evolutionär und
revolutionär passieren. Wir wissen mit
Sicherheit, dass es einen Engpass in der
Energieversorgung geben wird. Zwar gibt
es immer mehr batteriebetriebene und
wasserstoffbetriebene Fahrzeuge, aber wo
kommt der Wasserstoff her, wo kommt der
Strom her? Das wird das große Thema sein.
Die einfachste Lösung wäre, ganz provokant
gesagt, Atomkraftwerke aufzustellen. Aber
das wollen die Leute nicht. Ein anderes
Beispiel: In der Nordsee und in der Ostsee
wird sehr viel Strom erzeugt. Mehr, als in
Norddeutschland gebraucht wird. Aber man
bringt den Strom nicht über die Leitungen
nach Süddeutschland, weil es dann sofort
wieder Einsprüche gegen die Leitungen gibt.
Da dauert ein Genehmigungsverfahren
wahrscheinlich 20, 30 Jahre.
Wie nahe ist man an einer dritten
Lösung, die mehr Akzeptanz findet?
Eichlseder_Wie nahe man ist, das kann
man nicht sagen. Ich bin zwar überzeugt,
dass der Mensch wieder eine Lösung fin-
den wird, aber im Moment kann ich mir